Reformen bei BBC Ärger um "Auntie"

Die Briten nennen sie liebevoll "Auntie", Tante. Die BBC gehört zur Familie. Aber wie es manchmal mit Verwandten so ist, nicht jeder will sich um sie kümmern. Das spürt die weltweit größte gebührenfinanzierte und öffentlich-rechtliche Anstalt gerade auf schmerzhafte Weise.

Reformen bei BBC: Ärger um "Auntie"
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Vor allem die Politik macht der alten, manchmal kränkelnden Tante Sorgen. So hat John Whittingdale, nicht nur Minister für Medien, sondern gleichzeitig auch beständiger und lauter Kritiker der BBC, diese Woche angekündigt, dass dem Sender eine "gründliche Überprüfung" bevorstehe. Er solle "zielgerichteter" arbeiten. Und nicht nur das. Whittingdale warf in den Raum, ob die BBC "weiterhin versuchen soll, alles für alle" zu sein. Nun stellen sich viele Briten die Frage: Wenn die BBC nicht mehr alles für alle machen würde, warum sollten dann alle weiterhin bezahlen?

Ende 2016 läuft die alle zehn Jahre neu verhandelte Royal Charter aus, die den öffentlichen Auftrag und die Struktur der Gruppe mit ihren Dutzenden nationalen und regionalen Fernseh- und Radiosendern sowie dem Onlineangebot festsetzt. Die Erneuerung der Regelung liefert jedes Mal auch Anlass zu einer Bestandsaufnahme. Weil sich die Medienlandschaft und -nutzung stetig verändern, steht inzwischen auch die Rundfunkgebühr zur Diskussion. Zeitungsverlage, aber auch private TV-Sender geben Kritikern in jenem Punkt Recht, die BBC überstrapaziere ihre Onlinepräsenz. Hintergrund ist, dass es ein Schlupfloch in den Verträgen gibt. So können britische Zuschauer das zeitversetzte Angebot der Mediathek iPlayer im Internet nutzen, ohne dafür die Pflichtgebühr zu bezahlen. Bedeutet das eine Wettbewerbsverzerrung? Gleichzeitig fehlen der BBC dadurch umgerechnet mehr als 210 Millionen Euro an Einnahmen. Zudem kommen auf den Sender künftig auch die Gebühren von Menschen ab 75 Jahren zu, die bislang vom Staat übernommen wurden. Auch deshalb kündigte Generaldirektor Tony Hall an, rund 1000 der insgesamt 20 000 Stellen streichen zu wollen.

Gleichwohl unterstellen zahlreiche Beobachter der konservativen Regierung politisches Kalkül. So wird die alte Tante von vielen Tories als hochnäsig und linksliberal empfunden. Insbesondere die Konservativen fühlten sich vor der Parlamentswahl im Mai benachteiligt.

Ob die Briten tatsächlich bald auf das Sportangebot, die Unterhaltungsshows und den Journalismus der BBC verzichten oder aber zusätzlich dafür bezahlen müssen, die Diskussion wird noch eine Weile andauern. Immerhin locken Exportschlager wie die Serie "Sherlock", preisgekrönte Dokumentationen und Kultsendungen wie "Top Gear" nicht nur in der Heimat Millionen Zuschauer vor den Bildschirm, sondern bringen dem Sender viel Geld und Prestige in aller Welt ein. Der internationale kommerzielle Arm der größten gebührenfinanzierten und öffentlich-rechtlichen Anstalt, BBC Worldwide, freut sich über Millionengewinne.

Die neuerliche Diskussion kommt trotzdem zu einer unpassenden Zeit für den Rundfunksender. Die BBC ist schwer gebeutelt von den Krisen der vergangenen Jahre. Den Tiefpunkt erlebte die British Broadcasting Corporation, als 2011 enthüllt wurde, dass ihr Starmoderator Jimmy Savile über Jahre und in schier unermesslichem Ausmaß Hunderte Kinder und Jugendliche sexuell missbraucht hatte. Weil sich die Verantwortlichen zu Beginn zurückhaltend mit der Aufarbeitung zeigten, hagelte es von allen Seiten Kritik. Ein Intendant musste gar zurücktreten.

Nun haben sich auch Prominente in die Debatte eingeschaltet, die nicht auf die urbritische Institution verzichten wollen. In einem offenen Brief machten Stars wie James-Bond-Darsteller Daniel Craig, Schauspielerin Judi Dench, Harry-Potter-Autorin J.K. Rowling, TV-Koch Jamie Oliver oder Tierfilmer-Ikone David Attenborough deutlich: "Eine verkleinerte BBC würde ganz schlicht ein verkleinertes Großbritannien bedeuten." Sie kämpfen dafür, dass die BBC bleibt, was sie ist: Die Auntie - ein Familienmitglied.

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