4. Freitagskonzert in der Beethovenhalle Alexander Toradze glänzte als Solist

Bonn · Eine bei völlig geöffnetem Flügel ins fast Tonlose entschwindende Sonate Domenico Scarlattis als Dreingabe zu Rachmaninows fulminantem drittem Klavierkonzert - vielleicht auch, um den zwar der Jahreszeit geschuldeten, dennoch aber enorm störenden Husten-Attacken aus dem Saal Einhalt zu bieten.

Als feinfühliger Lyriker am Klavier debütierte der aus Georgien stammende Alexander Toradze in Bonn beim vierten städtischen Freitagskonzert in (fast) voll besetzter Beethovenhalle. Ein gänzlich russischer Abend, neben Rachmaninows op. 30 zu Beginn - es ging also ohne Anwärmphase gleich in die Vollen - Skrjabins opulente c-Moll-Sinfonie op. 43 mit dem programmatischen Untertitel "Le divin poème" (Das göttliche Gedicht).

Am Pult des gut präparierten Beethoven Orchesters stand mit dem in Moskau geborenen jungen Dima Slobodeniouk ein mit dem Idiomatik seiner Heimat bestens vertrauter Dirigent, der im Einvernehmen mit Toradze das Vorurteil rein wirkungsorientierter, orchesterumsäumter Bravour-Pianistik nachhaltig auszuräumen verstand.

In samtweichem Duktus und nachdenklich wird der Kopfsatz realisiert, fast wie eine Fantasie. Sorgsam wichtet Slobodeniouk dabei zwischen Solisten- und Orchesterpart, gibt - nicht zuletzt durch eine spezielle Sitzordnung - Raum für weit ausdifferenziertes, akzentreiches Musizieren.

Wo es die Partitur zulässt, integriert er das Klavier ins Tutti-Spiel als eine weitere, gleichberechtigte Stimme. Aus den Kadenzen, in denen der Solist einerseits seinem Spiel nachzulauschen scheint, andererseits die üppige Klangfarbenpracht eines Orchesters zu entfachen versteht, ohne hierbei seine Musikalität einer Virtuosenattitüde zu unterwerfen, wird das Klavier immer wieder von der Flöte apart ausgelöst. Auch der Mittelsatz, das melancholische "Intermezzo", läuft nirgends Gefahr, in sentimentale Untiefen zu geraten.

Einziger Wermutstropfen dieser ansonsten makellosen Lesart: ein "klappernder" Übergang zum anschließenden "Alla breve". Dessen Reflexionen auf das Vorangegangene kulminieren wie selbstverständlich in einem grandiosen Finale, das den Atem anhalten lässt.

Für Skrjabins letztlich doch spätromantische dritte Sinfonie, durch die sich im schweren Blech Anklänge an das Hauptthema von Schuberts "großer" C-Dur-Sinfonie wie ein roter Faden ziehen, war das Orchester noch einmal kräftig nachgerüstet worden. Slobodeniouk indes hatte hier wiederholt seine liebe Not, alle Apparate synchron zu pünktlichem Einsatz zu bringen. Der Wirkung von Skrjabins farbreichem Klangsprache aber tat dies kaum Abbruch. Dem finalen Orchestersturm folgte ein Sturm der Begeisterung beim Publikum.

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