Satirischer Jahresrückblick im Pantheon Bonn Aliens und die schöne Helena
Bonn · Florian Schroeder und Peer Steinbrück spielen sich im ausverkauften Pantheon die Bälle souverän zu. Es geht um einen satirischen Jahresrückblick. Da geht es stets meinungsfreudig, aber auch schon mal leicht peinlich zu.
Bescheidenheit und Leisetreterei? Das sind nicht gerade die hervorstechendsten Eigenschaften der beiden Herren auf der Bühne im ausverkauften Pantheon. Oder wie Peer Steinbrück es selbst formuliert: „Ich bin nicht auf die Welt gekommen, um unscheinbar zu sein. Sie ja auch nicht, sonst säßen wir nicht hier.“ Besagter Ansprechpartner des früheren Bundesfinanzministers und SPD-Kanzlerkandidaten von 2013 ist Florian Schroeder, einer der Lautsprecher der (inzwischen nicht mehr ganz) jungen Wilden der hiesigen politischen Kabarettszene. Seit fünf Jahren treffen sich die beiden Alphatiere, Jahrgang 1943 beziehungsweise 1979, unregelmäßig zu einem gemeinsamen Bühnenauftritt – so wie jüngst als Jahresrückblick-Matinee im Pantheon. Schroeder sitzt auf einem schwarzen Chef-Ledersessel hinter einem Furnier-Schreibtisch aus den 60ern, während Steinbrück einen moosgrünen Plüschsessel aus den 50ern warmhält, dem wiederum ein Nierentischchen zur Seite gestellt ist.
Biederes Mobiliar und chauvinistische Bemerkungen
Passend zu jenem gewollt biederen Mobiliar fallen Steinbrücks dezent chauvinistischen Bemerkungen über die wegen Korruptionsvorwürfen in Untersuchungshaft genommene Vize-Präsidentin des EU-Parlaments, Eva Kaili, aus. Die blonde, 44-jährige griechische Politikerin erinnere ihn „an einen 20er-Jahre-Vamp, hingegossen auf ein Sofa“ und auch an „die schöne Helena“. Die etwas peinliche Schwärmerei findet ihren Höhepunkt schließlich in einer Vision: „Wenn sie mir gegenüber stünde und mich fragen würde, ob ihre Augen lügen könnten, dann käme ich aus dem Stottern nicht mehr heraus.“
An Kaili wärmt sich das Duo im übertragenen Sinne jedoch nur auf, bevor es mit der skandalisierten Fußball-Weltmeisterschaft in Katar, Boris Beckers Gefängnisaufenthalt in England und dem Ableben der britischen Königin weitergeht. Schroeder und Steinbrück sind längst ein eingespieltes Team, das sich routiniert die Bälle zuwirft und es zudem versteht, den Anschein von Spontanität zu erwecken. Der oftmals gezogene Vergleich mit den Muppet-Senioren Waldorf und Statler hinkt allerdings gewaltig: Schroeder könnte Steinbrücks Sohn sein.
Gedankenspiele zum Krieg in der Ukraine
Abseits von Klatsch und Tratsch sind die Gedankenspiele zum russischen Angriffskrieg in der Ukraine von besonderem Interesse und höchster Relevanz. Steinbrück spricht von einer „imperialen Obsession“ Putins und nennt, bezogen auf verharmlosende Positionen, nicht nur den Namen Sahra Wagenknecht: „Hier in Bonn wird Wagenknecht noch übertroffen von der Professorin Ulrike Guérot. Die behauptet, die Amerikaner seien schuld an dem Einmarsch Russlands in die Ukraine. Es wundert mich, dass nicht auch noch Aliens eine Rolle spielen.“