Alle Noten bringen ihn nicht aus den Nöten

Vom Rentenvertrag bis zur Aktien-Zeichnung: Das Bonner Beethoven-Haus dokumentiert Beethovens Verhältnis zum Geld - 100 Exponate weisen den Weg vom Hofmusiker zum freischaffenden Künstler

  Sichere Rente?  Auszug aus Beethovens "Rentenvertrag".

Sichere Rente? Auszug aus Beethovens "Rentenvertrag".

Foto: Fischer

Bonn. Mag sein, dass man sich den typischen Aktionär heute doch anders vorstellt als ausgerechnet diesen Mann mit hochgestelltem Kragen und stramm gebundener Krawatte, entschlossenem Blick und unbändigem, nach hinten gekämmtem Haar.

Doch Tatsache ist auch, dass Ludwig van Beethoven in Sorge um seinen Neffen Karl 1819 als "einziges Kapital", acht Aktien der "Privilegierten Österreichischen Nationalbank", zeichnete. Wusste er doch aus eigener schmerzlicher Erfahrung, wie unbeständig das Glück mitunter sein kann, wo es um Finanzen und Vermögen geht.

"Alle Noten bringen mich nicht aus den Nöthen - Beethoven und das Geld" heißt eine Ausstellung, die jetzt bis zum 25. August im Bonner Beethoven-Haus zu sehen ist und anhand von 100 ausgewählten Exponaten vom Haushaltsbuch über Münzen und Verlegerrechnungen bis zum Rentenvertrag den Weg des Komponisten vom Hofmusiker zum freischaffenden Künstler nachzeichnet. Dabei handelt es sich um eine Kooperation mit dem Archiv der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien und dem Geldmuseum der Österreichischen Nationalbank.

Fest steht schon auf den ersten Blick, dass diese Ausstellung mit einem lange Zeit liebevoll gehegten und unverbesserlich romantischen Vorurteil aufräumt: dass ein Genie wie Beethoven - ganz und gar seiner Musik ergeben - für die Notwendigkeit des täglichen Lebens keinen Sinn aufbrachte und von Scheinen und Münzen nichts wissen wollte. Im Gegenteil.

"Beethoven kannte den Wert seiner Arbeit sehr wohl und hat ihn ein ums andere Mal auch bei Verhandlungen mit Verlegern zu seinem Vorteil zu nutzen gewusst", erläutert Michael Ladenburger, Leiter des Museums und Kustos der Sammlung des Beethoven-Hauses. Dass man es gleich so weit treiben muss wie im Fall der "Missa Solemnis", über die der Komponist mit sieben Verlegern gleichzeitig verhandelte, ist eine andere Frage.

Dennoch hat sich Beethovens Traum - eine Anstellung als Hofkomponist mit geregeltem Einkommen und völliger künstlerischer Freiheit - nie wirklich erfüllt. Unzufrieden mit seinem Bruder, der sich als Finanzbeamter lange Zeit ums Geschäftliche gekümmert hatte, nahm der Virtuose die Dinge schließlich selbst in die Hand und erwies dabei erstaunliches Geschick und Sinn für Diplomatie im Umgang mit seinen Mäzenen. Andererseits besaß er auch genügend Selbstbewusstsein und Eigensinn, um einen lukrativen Auftrag abzulehnen, weil ihm der Text zur Musik nicht gefallen wollte.

Beethovens Wunsch nach einem komfortablen "Arbeitsstipendium" entsprach am ehesten der "Rentenvertrag" aus dem Jahr 1809, der ihm jährlich 4000 Gulden zusicherte. Der Staatsbankrott von 1811 und die Abwertung des Geldes auf ein Fünftel seines Wertes trafen aber auch ihn und verunsicherten ihn zutiefst.

Vielversprechend für die Geldbeschaffung schienen ihm die "Akademien" - Konzerte in eigener Regie und Verantwortung des Komponisten, die dem Publikum neue, eigens dafür geschriebene Werke versprachen und den Säckel des Gastgebers meist mit großzügigen Spenden privater Mäzene füllten. Jedes Jahr solch ein Konzert: Das hatte sich Beethoven zuvor erhofft. Tatsächlich waren es in 27 Jahren nur acht.

Genug jedoch, um sich das oft kostspielige Leben eines Musikers leisten zu können. Die Kosten für eine Haushaltsführung nahmen sich im Vergleich mit denen für ein gutes Instrument oder die Kopien eigener Kompositionen geradezu lächerlich gering aus. Preislisten aus dem Archiv der Gesellschaft für Musikfreunde in Wien erlauben ebenso anschauliche wie manchmal auch kuriose und amüsante Vergleiche. Die Kopie einer Sonate kostete zu Beethovens Zeiten ebensoviel wie acht einfache Mahlzeiten.

Tiefer in die Tasche greifen musste, wer sich wie viele aufstrebende Bürgerfamilien sein eigenes Tasteninstrument ins Haus holte. So entsprach der Mindestpreis für ein gutes Klavier mit 50 Dukaten dem Jahresgehalt eines einfachen Beamten. Darum allerdings mochte sich Ludwig van Beethoven nun wirklich nicht kümmern. Er gab schließlich die Tonart an, in der seine Zeitgenossen darauf spielten.

Zur Ausstellung gibt es ein Begleitprogramm. Dazu gehören der Dia-Vortrag von Nicole Kämpken "In allen Geschäftssachen ein schwerer Kampf - Beethoven und das Geld" am 12. Juni, die Aufführung des Ballettstudios der Universität Bonn "Die Wut über den verlorenen Groschen" am 10. Juli, die Lesung "Recht und billig" mit Charly Wagner (Sprecher) am 31. Juli und ein Finissage-Konzert am 25. August.

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