Ciceropreis Andreas Voßkuhle erhält Auszeichnung
BONN · Zu der von ihm selbst gestellten Frage, ob Richter ihre Urteile heutzutage nicht bloggen sollten, liefert Professor Andreas Voßkuhle, Präsident des Bundesverfassungsgerichts, die Antwort gleich mit: ein klares Nein.
Auch das gehört zur Redekunst. Überzeugt hat er die Jury des Cicero Rednerpreises allerdings schon lange zuvor: durch "juristische Vernunft und rhetorische Überzeugungskraft", die "Einheit von Ratio und Oratio". Mit ihm werde ein "engagierter Verfassungspatriot und beredter Verteidiger der bürgerlichen Grundrechte" geehrt, "der Sachlichkeit und Genauigkeit mit dem Willen zu einer energischen und treffenden Sprache" vereine.
Am Donnerstag nahm Professor Andreas Voßkuhle die Auszeichnung des Verlags für die deutsche Wirtschaft im ehemaligen Plenarsaal des Deutschen Bundestages entgegen.
Um direkt im Anschluss an die Festrede "Richter sprechen durch ihre Urteile" von Professor Friedrich Wilhelm Graf (protestantischer Theologe und Professor für Systematische Theologie und Ethik an der Universität München) und die Laudatio "Stimme der lebenden Verfassung" des Juryvorsitzenden Professor Gert Ueding in für jeden verständlichen und kritischen Worten ein eindrucksvolles Beispiel dafür zu geben, dass ihm die Bronzebüste des römischen Staatsmannes und Philosophen Marcus Tullius Cicero in der Tat zusteht.
"Gerichte können nur dann Rechtsfrieden schaffen, wenn sie das Vertrauen der Bürger besitzen. Dieses Vertrauen muss die Justiz sich erarbeiten; immer wieder aufs Neue", fügte Voßkuhle hinzu. Und dies, obwohl die Rechtsprechung für die meisten ein Buch mit sieben Siegeln sei oder - um es mit einem seiner Vorredner auszudrücken - das Juristendeutsch so verständlich wie Ciceros Schriften in der Originalsprache.
Die Vorstellungen, wie auch in Karlsruhe Recht gesprochen werde, seien mitunter nebulös. "Politisch klug soll es sein, ökonomisch vernünftig und moralisch gut. Das ist ebenso irreführend wie die Idee, man bräuchte nur einen Normtext anzuwenden, um zu einem Urteil jenseits jeden Zweifels zu gelangen."
Die Realität beschrieb Voßkuhle in seiner Dankesrede als weitaus komplexer. Das Bundesverfassungsgericht sei auf die kritische Auseinandersetzung angewiesen und sehe sich selbst in der Pflicht dazuzulernen. Das sei jedoch angesichts der tagesaktuellen Berichterstattung, dem Zeitdruck und dem Einfluss der Meinungsführer nicht leicht. Als Beispiel nannte er auch die deutsche Drei-Prozent-Hürde bei Europawahlen oder die Frage, ob die Europäische Zentralbank Staatsanleihen kaufen dürfe. Nur zwei der Themen, über die derzeit kontrovers diskutiert werde. "Kurzum: Was Gerichte tun, lässt sich eben nicht in drei Sätzen erklären."