Trägerin des Deutschen Kleinkunstpreises Anny Hartmann kommt zu „Quatsch keine Oper“ nach Bonn

Bonn · Anny Hartmann macht verständliches Wirtschaftskabarett. Anfang Juni tritt sie bei „Quatsch keine Oper“ in Bonn auf.

 „Man schlägt auf die Boten ein, statt sich mit Lösungen zu beschäftigen“, sagt Kabarettistin Anny Hartmann über Kritik an der Letzten Generation.

„Man schlägt auf die Boten ein, statt sich mit Lösungen zu beschäftigen“, sagt Kabarettistin Anny Hartmann über Kritik an der Letzten Generation.

Foto: Thomas Kölsch

Kompliziert kann jeder. Es ist die Kunst, komplexe Zusammenhänge mit einfachen Worten zu erklären, die rar gesät ist und die Anny Hartmann zu einer ganz außergewöhnlichen Kabarettistin macht. Die studierte Volkswirtin hat ein Talent dafür, wirtschaftliche und politische Diskurse auf den Punkt zu bringen und scheinbar unüberwindbare Probleme in Logikwölkchen aufzulösen. Nicht ohne Grund hat sie in diesem Jahr den Deutschen Kleinkunstpreis erhalten. Jetzt kommt sie im Rahmen der Reihe „Quatsch keine Oper“ nach Bonn.

Eigentlich, so monieren viele Künstler, ist politisches Kabarett gar nicht mehr möglich angesichts der Realsatire im Deutschen Bundestag, die sich kaum noch überzeichnen lässt. Anny Hartmann sieht das anders. „Ich interessiere mich ganz bewusst nicht für Politiker, die ohnehin ständig ausgetauscht werden und sich morgen nicht mehr daran erinnern können, was sie heute behaupten“, sagt sie im Interview mit dem General Anzeiger. „Ich beschäftige mich vielmehr mit Strukturen und gehe in die Tiefe. Aber das ist halt Arbeit.“ Viel Arbeit. „Wenn ich ein neues Programm schreibe, kommen in etwa 300 Seiten mit Fakten zusammen“, sagt sie. „Daraus muss ich dann die Essenz extrahieren.“ Und wie groß darf die sein? Wo ist die Grenze des Erklärbaren? „Ziemlich genau bei 17 Seiten in Times New Roman, Schriftgröße 12“, sagt Hartmann wie aus der Pistole geschossen. „Das sind zweimal 50 Minuten, und länger mache ich meine Bühnenauftritte nicht. Es ist ja nicht nur für mich anstrengend, sondern auch für das Publikum, das meine Ausführungen aufnehmen und verarbeiten muss, auch wenn ich alles durchaus wirklich heiter und unterhaltsam präsentiere und das Publikum viel Spaß hat.“

Macht aus ihrer Sympathie zur „Letzten Generation“ keinen Hehl

Dabei gibt es mehr als genug Themen, die Anny Hartmann aufregen: die gesamte Finanzpolitik natürlich, die sie als ehemalige Sparkassen-Mitarbeiterin besonders umtreibt. Die Nachwirkungen der Corona-Politik, die Grundrechte angegriffen und die Demokratie nachhaltig geschädigt hat. Den Lobbyismus, dessen Auswüchse Hartmann für die Wurzel allen Übels hält. Und die Klimapolitik, die im Mittelpunkt ihres aktuellen Programms „Klima-Ballerina“ steht.

„Wir müssen schnell gewisse Dinge ändern, sonst haben wir bald ein riesiges Problem“, sagt Hartmann. „Das kann jeder sehen, der sich nur ansatzweise mit Statistiken auskennt. Deshalb will ich Aufklärungsarbeit betreiben, ohne aber ständig nur den Verzicht zu predigen. Das ist gar nicht nötig.“ Ein bisschen weniger in allem, das würde schon reichen. Stichwort Tempolimit. ­­Diese Forderung wird oft von der Letzten Generation propagiert – und Anny Hartmann gesteht, dass sie mit dieser Initiative durchaus sympathisiert. „Ich würde mich zwar nicht festkleben lassen, mich aber durchaus mit ihnen auf die Straße setzen“, sagt sie. „Allerdings würde ich behaupten, dass die Letzte Generation in ihren Zielen noch nicht radikal genug ist. Meiner Meinung nach müsste noch viel mehr passieren – und in meinem Programm zeige ich, dass das auch möglich wäre.“ Dabei ist doch schon jetzt die Aufregung über die Aktionen der Bewegung groß. „Ja, aber das ist Teil des Problems. Man schlägt auf die Boten ein, statt sich mit Lösungen zu beschäftigen. Und wenn ich lese, dass manche Politiker diese Klima-Aktivisten am liebsten mit Terroristen gleichsetzen würden, könnte ich mich erst recht aufregen. Der größte Schaden entsteht nämlich am Rechtsstaat. Und der heilt langsam.“ Wenn überhaupt.

Termin: Anny Hartmann spielt am 6. Juni ihr Programm „Klima-Ballerina“ bei „Quatsch keine Oper“ in Bonn. Karten erhalten Sie bei Bonnticket. Mehr Infos gibt es hier.

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