Arithmeum präsentiert den Künstler Jo Niemeyer

Wie viele Schöpfer vor ihm, ist er begeistert vom Goldenen Schnitt

Arithmeum präsentiert den Künstler Jo Niemeyer
Foto: Franz Fischer

Bonn. Der Goldene Schnitt war für viele Renaissance-Künstler das Maß aller Dinge, Leonardo und Dürer haben sich intensiv damit befasst, Architekten von der Antike bis Corbusier bauten danach - Jo Niemeyer aber, ein Künstler unserer Tage, ist geradezu besessen vom Goldenen Schnitt.

Wie das aussieht, lässt sich im Arithmeum bewundern, das auf sämtlichen Etagen, inklusive Souterrain, Niemeyer in einer Retrospektive vorstellt. Wer nun befürchtet, im Institut für Diskrete Mathematik recht massiv mit Rechenkünsten bombardiert zu werden, darf aufatmen:

Die Bilder und Wandobjekte, raumgreifenden Installationen und Kleinskulpturen muten spielerisch und in ihrer Schwarz-Weiß-Rot-Abfolge oder Rot-Blau-Gelb-Weiß-Schwarz-Reihe im besten Sinne des Wortes dekorativ und heiter an. Und sind doch reinste Mathematik und Geometrie, zumindest, was die Arbeiten seit den 80er Jahren angeht.

Arithmeum Lennéstraße 2. Di-So 11-18 Uhr. Katalog 24,90 EuroUnter dem Goldenen Schnitt versteht man ein bestimmtes Verhältnis zweier Zahlen oder Größen: "Zwei Strecken stehen im Verhältnis des Goldenen Schnitts, wenn sich die größere zur kleineren Strecke verhält wie die Summe aus beiden zur größeren", heißt es im Lehrbuch.

Seit der Antike wird dieses auch Proportio divina (göttliche Teilung) genannte Prinzip als Verkörperung der idealen Proportion und Harmonie gesehen. Für den Konkret-Künstler Max Bill ist der Goldene Schnitt Ausdruck von reinem harmonischen Maß und Gewicht: "Zum geistigen Gebrauch für den Menschen."

Niemeyer, 1946 an der Mosel geboren und ebenfalls ein Vertreter der konkreten Kunst, kam über die Fotografie zur Konstruktion, Komposition und Struktur des Bildes allgemein. Sehr schön lässt sich in der Bonner Ausstellung verfolgen, wie er aus einer sehr komplexen, chaotisch anmutenden geometrischen Malerei eine klare Abfolge immer wiederkehrender Farben, Rechteckformen und Proportionen entwickelt.

Alles gewinnt eine Ordnung, die gesamte Bildorganisation wird transparent, die Lesart folgt dem Uhrzeigersinn. Vom Baukasten in Handschmeichlerqualität bis zum begehbaren Modell des Goldenen Schnitts reicht Niemeyers Parcours, der mathematische Strenge mit einer Prise Sinnlichkeit würzt.

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