Arp Museum Rolandseck bietet Einblick in die Kunstkammer Rau

Rolandseck · Köstlich!" heißt die neueste Ausstellung der Kunstkammer Rau im Arp Museum Bahnhof Rolandseck in Remagen. Das ist keine leere Versprechung.

 Giorgio Morandi: "Stillleben mit Flasche und Gläsern".

Giorgio Morandi: "Stillleben mit Flasche und Gläsern".

Foto: Unicef

Denn das Thema ist eines der leckersten der Kunstgeschichte: Stillleben stehen im Mittelpunkt der Schau. Dazu gehören der üppig mit prallen Früchten, Wein und Gemüse gedeckte Tisch, der verschwenderisch blühende Blumenstrauß und das mit reichlich Beute behangene Jagdstück.

Der Arzt und Mäzen Gustav Rau muss diese Kunstgattung geliebt haben, jedenfalls trug er in seiner Sammlung wunderbare Stücke zusammen, die anschaulich den Weg des Stilllebens als exquisit realistisches Detail, als symbolbefrachtete Randexistenz in der sakralen Malerei der Spätgotik bis zum eigenen Genre nachzeichnet.

Wohlhabende Bürger und der Adel dokumentierten in dieser Kunst ihren Reichtum und exquisiten Lebensstil, stellten ihre Kultur unter Beweis. Das Stillleben in der Kunst der alten Flamen und Holländer, die dank ihrer perfekten Malweise und Akkuratesse europaweit gefragt waren, als bloße vordergründige Protzerei zu interpretieren, führt in die Irre.

Aufplatzende Früchte, Insekten, selbst ein leeres Glas gemahnen an die Endlichkeit des Seins, die Vergänglichkeit des Lebens. Üppige Tafeln sind Gebote des Maßhaltens, sogar Blumen transportieren mitunter eine Botschaft. Da erinnert die provenzalische Rose an die Schmerzen und Freuden Mariens, die Hyazinthe an Jesu Geburt und die Osterglocke an die Auferstehung. Der Skeptiker Max Liebermann hielt offensichtlich nicht viel von derlei Überhöhung.

Von ihm ist das Zitat überliefert: "Ein Bund Spargel genügt für ein Meisterwerk. Die gut gemalte Rübe ist ebenso gut wie die gut gemalte Madonna." Wer Carl Eduard Schuchs rustikales "Stillleben mit Spargel" (1884) sieht, das stark an Manets berühmtes Spargelbündel erinnert, pflichtet Liebermann unbedingt bei.

Rau hat für seine UNICEF-Sammlung, die seit drei Jahren mit dem Arp Museum kooperiert und bereits zum fünften Mal einen Blick in die Kunstkammer erlaubt, exzellente Stücke zusammengetragen. Präsentiert werden 45 raffiniert durch Licht in Szene gesetzte Bilder in der in Weinrot und Stahlblau edel gehaltenen Kunstkammer. Aus eigenem Bestand hängt das Arp Museum zwei Fallenbilder von Daniel Spoerri hinzu, erweitert so das zeitliche Spektrum bis ins 21. Jahrhundert.

Zu den Höhepunkten gehören Niederländer des 16. Jahrhunderts, darunter Cornelis de Heems "Früchtestillleben" (um 1665/72), mit einer Zitrone im Zentrum, deren Schale sich wie eine Arabeske windet. Wunderbar auch das Bild des Willem van Aelst (um 1660), das nicht nur Silberteller, Pokale Messer und Früchte auf einem dunkelroten Seidentuch präsentiert, als sei es eine Bühne, sondern durch feine Reflexe auf den Gläsern den umgebenden Raum einfängt.

Die rauschende Opulenz und Kostbarkeit des Goldenen Zeitalters der Niederlande wird in einem kleinen Bild des 1836 geborenen Franzosen Henri Fantin-Latour auf die samtene Oberfläche von Pfirsichen zurückgeführt. Von hier zur Askese eines Giorgio Morandi, der seinen kargen Stillleben (1945/55) auch noch den Hauch des Illusionsmus nimmt, ist ein radikaler Schritt: Morandi raubt dem Stillleben - rund tausend hat er in seinem Leben gemalt - jeden Zauber, stellt es ins krude Licht.

"Seine Poesie ist stets das Ergebnis der reinen Sichtbarkeit", meinte der Kunstwissenschaftler Reiner Haftmann dazu. "Nature morte" heißt das Stillleben auf Französisch: Tote Natur. Und so, mit bleichen Schädeln, abgelaufenen Sanduhren und verlöschenden Kerzen endet diese bemerkenswerte Folge der Kunstkammer Rau.

Arp Museum Bahnhof Rolandseck, Remagen; bis 14. Oktober, Di-So 11-18 Uhr, Eröffnung: heute, 19 Uhr, Katalog (Kerber) 24,40 Euro

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