Barbra Streisand in der Lanxess Arena Audienz bei der Über-Diva

Köln · Aaaaaah ..." Da ist es, dieses unnachahmliche Seufzen. Dazu erklingen die ersten Takte von "Nice'n'easy", der zweiten Gesangnummer, und Barbra Streisand ist angekommen in ihrem Konzert in der Lanxess Arena, wo sie von 13.000 Zuschauer mit einer Standing Ovation begrüßt worden war, ohne überhaupt einen Ton gesungen zu haben.

 Diva in der Arena: Die amerikanische Sängerin Barbra Streisand trug Donna Karan bei ihrem Kölner Konzert.

Diva in der Arena: Die amerikanische Sängerin Barbra Streisand trug Donna Karan bei ihrem Kölner Konzert.

Foto: Thomas Brill

Lebende Legende - das kann man nicht mehr von vielen behaupten. Streisand strömt das aus jeder Pore. Da steht eine Über-Diva auf der Bühne, die weiß, was sie zu tun hat, und vor allem weiß, was sie kann. "Nachdem ich 1967 beim Konzert im Central Park bei drei Liedern die Texte vergessen habe, hatte ich Angst aufzutreten - bis dann jemand den Teleprompter erfunden hat", erzählt sie mit einem Augenzwinkern.

"Das ist wie ein Sicherheitsnetz, und ich kann zwischendurch immer mal schauen, wo ich denn gerade in der Show bin." Und dieses "Sicherheitsnetz" wird nicht versteckt: Auf einem überdimensionalen Bildschirm unter der Hallendecke laufen brav alle Moderations- und Liedtexte ab. Textpatzer wie in "Woman in Love" können da nur unter "einstudiert" verbucht werden. Aber sie sind charmant.

Genauso wie die Art und Weise, wie Barbra Streisand mit ihrer Stimme umgeht, die sich über die Jahre natürlich verändert hat: immer noch großartig, nicht mehr mit allen Höhen, dafür aber mit einer Rauheit, die bisweilen an eine versoffene Barsängerin erinnert.

Und sie hat sich pfiffige Dinge überlegt, um die eine oder andere Klippe zu umschiffen. Wie den langgehaltenen Ton auf der Studioaufnahme von "Enough is enough", der beim Konzert durch eine kleine Zwischenmoderation ersetzt wird. "The way we were" wird nicht in der bekannten Version gesungen, sondern im Arrangement wie im Original-Filmsoundtrack, das mehr Spielraum erlaubt.

Aber was sie auch tut, die Stimme weiß zu berühren. Und mit einem bald 50 Jahre alten Lied wie "People", das es von Streisand in verschiedenen Studio- und Liveaufnahmen gibt, demonstriert sie, wie Sängerin und Song miteinander älter geworden sind, aber immer noch harmonieren.

Zu den musikalischen Höhepunkte zählt der kleine Block mit Trompeter Chris Botti, der das Medley "What'll I do/My funny Valentine" und "Lost inside of you" und "Evergreen" aus dem Film "A Star Is Born" umfasst. Der Kombination könnte man Seichtheit vorwerfen, das Ergebnis ist aber das perfekte Verschmelzen zweier Instrumente.

Aber ein Abend mit Streisand ist nicht nur Musik, sondern auch eine Lektion in amerikanischem Entertainment (von der sich manche deutsche Unterhaltungskünstlerin eine Scheibe abschneiden könnte). Klar, die Witzchen sind einstudiert. Und natürlich wurden einige der Fragen, die die Fans vor der Show abgeben konnten, wortgleich (!) schon bei anderen Konzerten gestellt.

Egal, denn hier wird locker aus der Hüfte unterhalten, und es ist schon eine Show für sich, der Amerikanerin dabei zuzuhören, wie sich sich mit Städtenamen wie Wipperfürth abmüht. Vielleicht überschreitet der gemeinsame Gesangsauftritt mit Sohnemann Jason Gould die Grenze zum Kitsch, aber der 46-Jährige kann ordentlich singen, warum also nicht. Und das Duett "Smile" mit Halbschwester Roslyn Kind hat große Klasse.

In Köln präsentierte sich eine Sängerin, die niemandem mehr etwas beweisen muss und die das Gefühl vermittelt, das, was sie da tut, auch gern zu machen.

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