"Fidelio" in Bonn Auf der Suche nach der Metaphysik

Bonn · Neun Jahre lang war Beethovens einzige Oper "Fidelio" nicht mehr an der Bonner Oper zu erleben. Günter Krämers Inszenierung aus dem Jahre 2005 sollte, so war es ursprünglich einmal geplant, zu jedem Beethovenfest in neuer Besetzung aufgeführt werden.

Doch die Produktion fiel beim Publikum derart gnadenlos durch, dass sie nur wenige Vorstellungen überlebte. In diesem Jahr, 200 Jahre nach der Uraufführung der endgültigen Fidelio-Fassung im Mai 1814 in Wien, wird nun ein neuer Versuch unternommen. Der Regisseur Jakob Peters-Messer soll eine Inszenierung gelingen, bei der eine größere Nachhaltigkeit gewährleistet ist. Am Sonntag ist Premiere.

Dass viele Kenner die Oper Beethovens für ein problematisches Bühnenwerk halten, weiß Peters-Messer natürlich sehr gut. Gerade der Wechsel innerhalb der stilistischen Gemengelage aus Singspiel, Oper und Oratorium werde oft als Bruch wahrgenommen, stellt der Regisseur fest. "Wir haben die Entwicklung innerhalb der Oper zunächst einmal als Raumstruktur begriffen", sagt er. Jaquino und Marzelline flirten noch direkt am Orchestergraben, im weiteren Verlauf, erläutert Peters-Messer, erhält die Bühne dann bis zum großen oratorischen Finale eine immer größere räumliche Tiefe.

"Ich habe mich mit den sogenannten Brüchen nie schwergetan", sagt er. Natürlich sei auch das realistische, politische Moment vorhanden. Aber: "Mich interessiert an dem Stück eher der überzeitliche, der metaphysische Aspekt. Es ist ganz interessant, wie oft in dieser Oper von Gott gesprochen wird." Wenn Leonore den Kerkermeister Rocco bittet, dem in Ketten liegenden Florestan Wein und Brot geben zu dürfen, sieht der Regisseur darin durchaus eine gewollte Parallele zum Abendmahl-Ritual. "Es gibt viele Momente, die über den vordergründig erzählten Stoff hinausweisen."

Man wird in Bonn also, anders als - besonders prägnant - im vergangenen Sommer in der Gedenkstätte Zuchthaus Cottbus, keine Polit-Parabel erleben, sondern eine abstraktere Deutung des Stoffes. Statt von Gefängnismauern und Wachtürmen, wie es das aktuelle Bonner Plakat zum "Fidelio" suggeriert, wird die Bühne eher durch ein aufwendiges Lichtdesign geprägt sein, das Guido Petzold entwickelt hat.

Jakob Peters-Messer hat in der Vergangenheit sehr häufig barocke Opern inszeniert und mit Dirigenten wie René Jacobs oder Thomas Hengelbrock zusammengearbeitet, die in dieser Szene besonders bewandert sind. Aber auch neue Musik, wie Jan Müller-Wielands "Komödie ohne Titel". Das Standard-Repertoire ist dem 1963 in Viersen geborenen Theatermann ebenfalls nicht fremd, wie der lange Katalog seiner Inszenierungen zeigt, der alle wichtigen Komponistennamen von Mozart, Wagner und Verdi bis hin zu Schostakowitsch verzeichnet.

Opernregie hat Peters-Messer von der Pike auf gelernt - bei Götz Friedrich in Hamburg. Das heißt aber nicht, dass ihn nicht auch Schauspiel interessieren würde. Dass Schauspielregisseure irgendwann den Schritt in Richtung Oper gehen, ist längst Bühnenalltag. Der umgekehrte Weg jedoch selten. Was Peters-Messer bedauert. "Es gibt im Sprechtheater viele Stücke, die unglaublich musikalisch sind", sagt er. Die Dramen von Sarah Kane zum Beispiel. Die würden ihn schon sehr reizen.

Mehr Informationen

Premiere am Sonntag, 28. September, 18 Uhr, im Bonner Opernhaus. Karten in den Bonnticket-Shops der GA-Zweigstellen.

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