Auf Knien durch die Bonner Bundeskunsthalle

Die Bundeskunsthalle stellt ihr neu eröffnetes Medienlabor "Echoraum" vor. 17 junge Künstler haben sich ihren Platz in den Räumen des Museums gesucht und beeindruckende Arbeiten entwickelt.

Auf Knien durch die Bonner Bundeskunsthalle
Foto: Bundeskunsthalle

Bonn. In ihrer Videoinstallation "Treppich" erklimmt Evamaria Schaller die schmale Treppe, die ins Untergeschoss der Bundeskunsthalle führt, auf Knien und küsst dabei jede einzelne Stufe.

Ob ihr bewusst war, dass die Videoaufzeichnung ihrer Performance jetzt in der Karwoche zum ersten Mal gezeigt wird, wissen wir nicht. Aber die zeitliche, räumliche und gedankliche Nähe zur "Heiligen Stiege", die auch in der Bonner Kreuzbergkirche jedes Jahr vor Ostern von den Gläubigen kniend bestiegen wird, ist auffällig.

Übertragen auf die banale Treppe der Bundeskunsthalle wirkt die bedeutungsschwere Geste der Demut ironisch, zumal die Künstlerin die Stufen nicht nur hinauf, sondern auch hinunter klettert.

Letztlich thematisiert Evamaria Schaller die Karriere fördernde Möglichkeit einer jungen Künstlerin, an einem Ort auszustellen, den große Teile des Publikums mit ähnlich weihevollen Gefühlen betreten wie eine Kirche.

Die ebenso einfache wie tiefsinnige Installation der 30-jährigen Österreicherin steht nicht zufällig am Treppenabgang zum Medienlabor der Bundeskunsthalle. Hier werden die Besucher hinabgeführt in einen Bereich, der sich neuerdings der jungen Medienkunst widmet.

In Zusammenarbeit mit Medienhochschulen soll der "Echoraum" als Werkstatt und Labor von Studenten und Absolventen bespielt werden. Als ersten Partner hat man sich "-1/MinusEins", das Experimentallabor der Kunsthochschule für Medien in Köln, ausgesucht.

Für die nächsten zwei Jahre werden die Studenten ihre Projekte vorstellen. Die Atmosphäre im Keller hat etwas Beiläufiges und zeugt mehr vom eigentlichen Nutzwert der Räume als von einem Ausstellungsbetrieb.

Dort, wo sonst Videos geschnitten oder Tonaufnahmen nachbearbeitet werden, haben sich zum Auftakt 17 junge Künstler ihren Platz gesucht und zum Teil beeindruckende Arbeiten, die überwiegend in den letzten Monaten entstanden sind, entwickelt. Jan Hoeft hält mit der Installation "Offensive und Defensive" sogar den Regieraum besetzt.

Auf den zahlreichen Bildschirmen flimmern vereinfachte Umrisslinien von Hochhäusern deutscher Konzernzentralen, während im Raum selbst große Holzbarrikaden das Durchkommen erschweren. Nebenan zeigt Evalina Rajca, wie das alte Vanitas-Motiv neu interpretiert werden kann.

Vor einem umgebauten Dia-Projektor wirbeln in einer Plastiktüte getrocknete Schmetterlinge im Luftzug. Die zerfallenden Falter werden als tanzende Bildpunkte auf die Wand projiziert und lassen Schönheit und Vergänglichkeit eins werden.

Den zeitgeistigen Wunsch nach allgemeiner Entschleunigung kommentiert Jens Pecho in einer raffinierten Textarbeit, die den Besucher der Bundeskunsthalle oberirdisch am Eingang empfängt und auch wieder entlässt. Auf der LED-Wand an der Fassade leuchtet von 6-18 Uhr der Schriftzug "Tag ein", von 18-6 Uhr "Tag aus" auf.

Bundeskunsthalle, Friedrich-Ebert-Allee 4. Ausstellungseröffnung am 31. März, 19 Uhr.

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