Aus einem Leben voller Demütigungen

"Nichts Schöneres" im Bonner Waschsalon "Innovation Point"

  Sabine Kühne-Londa

Sabine Kühne-Londa

Foto: IP

Bonn. Eines Morgens in der psychotherapeutischen Abteilung eines ostdeutschen Gefängnisses: "Mechthild Huschke, Totschlag und schwere Körperverletzung, morgen allerseits!"

Als Mechthild Magda Huschke alias Sabine Kühne-Londa bei der Premiere des Stücks "Nichts Schöneres" diesen Satz ausspricht, bröckeln Vorurteile. Die Biografie einer Frau aus dem sozial schwachen Milieu erhält plötzlich ihren bedrückenden Sinn.

Entgegen allen Erwartungen der Veranstalter strömten die Zuschauer scharenweise in die Räumlichkeiten des Waschsalons "Innovation Point" in der Bonner Kaiserstraße, um sich das tragikomische Stück von Oliver Bukowski anzusehen.

Das war sozusagen waschechtes Theater zum Anfassen: Zwischen Waschmaschinen und Trocknern saßen die Zuschauer auf Klappstühlen. Kaum einen Meter von der ersten Reihe entfernt, hielt Sabine Kühne-Londa ihren schauspielerisch überzeugenden Monolog, der sowohl mit Elementen des Kabaretts als auch der Tragödie aufwartete.

Es brauchte eine Weile, bis man sich mit der sehr direkten Art der Mechthild angefreundet hatte. Im Hauskittel, umgeben von Wäscheleinen auf der improvisierten Bühne, sitzt sie auf der Waschmaschine und fängt an zu plaudern.

Von der letzten Nacht mit einem jüngeren Studenten, der ihr außer seinem Geruch auf dem Kissenbezug vor allem bittersüße Erinnerungen hinterlassen hat. Ohne ein Blatt vor den Mund zu nehmen, berichtet die Mittvierzigerin en Detail: "Da wird mir ja gleich ganz damenhaft zu Mute, geradezu dämlich!"

Mechthild spricht breiten, ostdeutschen Dialekt, das klingt bei ihr rotzig, ein wenig einfältig und vor allem eigentümlich. Passend unterstreicht es jedoch den Charakter einer Milieustudie, die das Stück sein will.

Sabine Kühne-Londa überzeichnet darüber hinaus die derbe Persönlichkeit der Mechthild und offenbart nach und nach deren weiches Herz und verletzte Seele. Sie balanciert auf dem Grat zwischen erfrischendem Optimismus und fatalistischer Selbstzermürbung.

Abgebrühtheit und Verletzlichkeit wechseln sich ab, während sie versucht, die Liebesnacht abzuhaken. Denn trotz aller Verklärung weiß Mechthild, dass es aussichtslos ist.

Was will ein kultivierter Student schon mit einer abgewrackten Versagerin? Und dann sind sie plötzlich da. Die Erinnerungen an ein verpfuschtes Leben, ein Leben voller Demütigungen und Tiefschläge.

Ihre Augen formen sich zu Schlitzen, als sie beginnt, von ihrem früheren Ehemann Dieter zuerzählen. Wie er sie geschlagen und beleidigt hat. Wie sie sich ihm und seinen Kumpels hingeben musste. Sie hat sich gerächt. Mit dem Häcksler: "Mechthild Huschke, Totschlag und schwere Körperverletzung, morgen allerseits!"

Nächste Vorstellung: Dienstag, 17. Februar, 20 Uhr.

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