Aus Lastwagenplanen entstehen Papiercollagen und Skulpturen

Siegburger Stadtmuseum zeigt Arbeiten des ungarischen Künstlers Botond - Grobes Material gibt Bildern besondere Plastizität

Siegburg. Fetzen aus Lastwagenplanen formen ein Gesicht: Die Züge sind verzerrt, entglitten, das Antlitz voller Furchen und Verwerfungen. Die deformierten Köpfe, bandagiert und beklebt, gehören zum Zyklus "Schlaf" des in Ungarn geborenen Künstlers Botond, dessen Papiercollagen, Skulpturen aus Lastwagenplanen, Stahl und Bronze jetzt im Forum des Siegburger Stadtmuseums zu sehen sind.

Der Geist dieser Schlafenden befindet sich in einer anderen Welt, verborgen hinter einem Kokon, einer Schutzschicht, die die laute Welt da draußen abschirmt. Botonds Köpfe träumen, ruhen, sammeln neue Kraft, verarbeiten, durchleiden, erdulden oder lassen sich treiben. Die Erholung, die sie suchen, finden sie nur im Rückzug und in der Besinnung auf sich selbst.

Die Verbände, die ihre Gesichter verhüllen, geben Heilung, aber auch Schutz - vor dem Blick des Betrachters, der dem Schlafenden nicht in seine Traumwelt folgen kann. Die geschlossenen Augen wirken wie Schutzschilde, die den Blick ins Innere abwehren.

Das grobe Material der Lastwagenplanen, das der in Nürnberg lebende Künstler in fast kubistischer Manier über- und nebeneinander schichtet, gibt den Wandbildern und den Skulpturen eine besondere Plastizität, Überlappungen des Materials bilden Unebenheiten: Es entsteht ein Gewirr aus Formen und Linien, das zeichnerischen Charakter erhält. Abrieb und Verschmutzungen der Kunststoff-Planen nutzt der Künstler, um farbliche Nuancen zu erreichen, um Schatten anzudeuten und Akzente zu setzen.

Während diese Arbeiten in starken Farben wie gelb und rot daherkommen, bleiben die Papiercollagen zurückhaltender, feiner in den Farbschattierungen, Beige- und Grautöne herrschen vor. Die Haut der Metallskulpturen ist aufgebrochen, durchlöchert oder netzartig: Verletzungen, die den Menschen in den Schlaf flüchten lassen, in der Hoffnung eines heilsamen Vergessens.

So unterschiedlich die Physiognomie der einzelnen Köpfe ist, so stellen sie doch keine Individuen dar, sondern übermitteln etwas Allgemeingültiges. Botond fragt mit seinen Arbeiten nach einem Zustand des Menschen ohne Bewusstsein, der aber dennoch nicht dem Tod gleicht.

Zwar bleiben die Werke Botonds immer als Köpfe erkennbar und damit dem Gegenständlichen verpflichtet, gleichzeitig ist die Abstraktion ein wichtiges Thema für den Künstler. Er verzichtet auf Details wie zum Beispiel Haare und Augenbrauen, seine Gesichter sind fragmentarisch, reduziert auf den Ausdruck.

Oft erinnern nur noch die äußere Form und die Neigung des Objekts an einen Schlafenden. Die ausdruckstarken Objekte, Bilder und Skulpturen wirken auch ohne ihren figürlichen Bezug durch ihre Stofflichkeit und malerische Komposition.

Bis zum 22. April im Stadtmuseum Siegburg, Markt 46, 53721 Siegburg, täglich von 10 bis 17 Uhr geöffnet, sonntags von 10 bis 18 Uhr, montags geschlossen.

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