Rosa Eisbären und Missbrauch im Kinderbett Ausstellung im Dialograum Kreuzung an St. Helena in Bonn

Bonn · Eine Ausstellung im Dialograum Kreuzung an St. Helena beleuchtet das Thema Kindheit. Das ist bei Doris Lenz nicht immer die pure Freude. Das Leid kommt in starken Bildern zum Ausdruck.

Eine Puppe aus dem Werk „Wegbegleiter“.

Eine Puppe aus dem Werk „Wegbegleiter“.

Foto: Freya Dieckmann

Es gehört etwas Mut dazu, sich in die Mitte von neun im Kreis aufgereihten blassen Puppen zu stellen, die einen zu beobachten scheinen. Doris Lenz‘ Werke schwanken zwischen Grusel und kindlicher Unbeschwertheit. Den Puppen hat die Künstlerin den überraschend liebevollen Namen „Wegbegleiter“ gegeben. Seine Bedeutung ergibt sich bei genauerem Hinsehen: Jede trägt ein beschriftetes Band mit Worten wie „Liebe“ oder „Geduld“. Das soll symbolisch für all das stehen, was Kinder zum Großwerden brauchen. Zusammen mit weiteren Objekten, Installationen und Gemälden sind die Puppen in der Ausstellung „Kindsein – Spurensuche“ des Dialograums Kreuzung an St. Helena zu sehen.

Manchem mögen die „Wegbegleiter“ mit den glasigen Augen einen leichten Schauer über den Rücken jagen. Andere werden sich womöglich mit Freude an ihre eigenen Spielgefährten aus der Kindheit erinnern. Schnell ist klar: Es geht um Ambivalenz. So werden neben anekdotenhaften Erwachsenensprüchen wie „Ich zähle bis drei“ auch erschütternde Realitäten vieler Kindheiten angesprochen, etwa Missbrauchserfahrungen.

Unbeschwertheit und Gewalt liegen dicht beieinander

Ein Gang durch die Ausstellung zeigt: Unbeschwerte, kindliche Leichtigkeit und schwerste Gewalt liegen manchmal gar nicht weit auseinander. So steht etwa neben dem unschuldig wirkenden Bett aus kuscheligen Plüschtieren und Eisbären mit rosa Stupsnasen ein paar Meter weiter ein steriles, weißes Kinderbett mit blutroter Schrift. Die Künstlerin selbst nennt es das „Missbrauchsbett“. Darauf stehen Sätze wie „Ich bin schuld“ und „Du hast mich nicht beschützt“. Daneben hängt ein großformatiges Bild mit einem Talar auf rotem Grund, begleitet von aufgelisteten Vornamen. „Die Namen stehen symbolisch für die Missbrauchsopfer der Kirche, wie eine Art Gedenktafel“, sagt Lenz.

Direkt daneben thront der alte Marmoraltar, der an die ursprüngliche Funktion des Ortes erinnert. Das „Missbrauchsbett“ neben dem Altar – ist eine ehemalige Kirche der richtige Ort, um Kindesmissbrauch zu thematisieren? „Absolut“, meint die Künstlerin. Ihr gehe es um den Austausch und dafür sei der Ort prädestiniert – der Name Dialograum treffe voll und ganz zu.

Reflexionen über die eigene Kindheit

Ziel der Ausstellung sei es, dass die Besucherinnen und Besucher über ihre eigene Kindheit ins Gespräch kommen und einige Dinge reflektieren. Dazu gibt es begleitende Veranstaltungen, die der Dialograum für Erwachsene wie Kinder anbietet. Die Ausstellung in Bonn ist nur temporär. Das Thema Kindsein sei aber nie abgeschlossen, sagt Lenz.

Die Ausstellung ist Donnerstags von 16 bis 20 Uhr und am Wochenende von 10 bis 18 Uhr sowie nach Vereinbarung (unter ☎ 02224/7 46 63) bis zum 11. September zu sehen. Am Donnerstag, 25. August, wird ab 19.30 Uhr ein Podiumsgespräch zum Thema „Das Kind- ein allzu leichtes Opfer“ vor Ort stattfinden. Weitere Informationen: www.kreuzung-helena.de

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