Umjubelter Tourneeauftakt BAP spielte im ausverkauften Kölner Palladium

KÖLN · Auch wenn im ausverkauften Kölner Palladium zunächst die Domglocken läuten, das letzte Stündlein hat für Wolfgang Niedecken noch nicht geschlagen. Im Gegenteil, mit "Halv su wild", dem Titelsong des aktuellen BAP-Studioalbums, setzt Wolfgang Niedecken selbstbewusst ein Zeichen.

 Das rockt: Wolfgang Niedecken (rechts) und Helmut Krumminga in Aktion.

Das rockt: Wolfgang Niedecken (rechts) und Helmut Krumminga in Aktion.

Foto: Thomas Brill

Zwar ist das Lied vor seinem Schlaganfall, der im November 2011 die Verschiebung der Tour erzwang, entstanden, aber es hat unzweifelhaft eine dramaturgische Funktion. Unreflektierter Zweckoptimismus oder Verdrängung sind Niedeckens Sache nicht. Der 61-Jährige will endlich den Kopf freibekommen, um wieder Musik zu machen. Dass er dem Teufel erfolgreich von der Schippe gesprungen ist, hat er bereits bei seinen Aufwärmkonzerten in Worpswede bewiesen.

Zum eigentlichen "Das volle Programm"-Tourauftakt, der Premiere von zwei Heimspielen im Palladium, muntern ihn seine Fans mit frenetischem Jubel auf. Es gibt junge sowie zahlreiche bereits ergraute Anhänger, die der Band seit ihren Anfängen "zwischen Chlodwigplatz un' Severinsbrück'" die Treue gehalten haben. Es wird mitgesungen wie zu besten BAP-Zeiten.

Niedecken wirkt während der knapp drei Stunden keinesfalls müde, eher zurückhaltender, fast entspannt, was einen überaus positiven Effekt auf die Band hat. Viel zu lange mussten sich Jürgen Zölle - er sitzt seit 1988 hinter dem Schlagzeug -, Helmut Krumminga (Gitarre), Werner Kopal (Bass) und Michael Nass (Keyboards) mit der Rolle einer reinen Begleitband begnügen. Offenbar ist bei dem "Vater" die altersweise Erkenntnis eingetreten, dass nicht er alles allein bestimmen muss. So klingt BAP mit den besten Musikern, die Niedecken jemals musikalisch den Rücken gestärkt haben, endlich wie eine Band aus einem Guss.

Nicht nur bei "Alexandra" wird Helmut Krumminga "von der Leine gelassen" und unterstreicht mit gewohnt exzellenter Gitarrenarbeit, dass BAP noch immer rocken kann. Mit "Enn Dreidüüvelsname" gelingt eine Hommage an die Rolling Stones und ihr "Sympathy For The Devil", die perfekt sowohl Verehrung wie Eigenständigkeit ausdrückt.

Es war wohl Dylans "Hurricane", der Niedecken vor Jahren inspirierte, die Geigerin Anne de Wolff für einige Lieder wie "Leopardefellhoot", die Kölsch-Version von Dylans "Leopard-Skin Pillbox-Hat", "Jupp" oder "Rita, mir zwei" mit auf die Bühne zu holen. Doch damit nicht genug. Bei "Amerika" ist es zusätzlich Heiner Wiberny, als Weltklasse-Saxofonist einst in Diensten der WDR Big Band, der immer wieder für Gänsehautgefühl sorgt und demonstriert, dass BAP-Songs nicht auf Mitklatsch-Rhythmik und Mitgröl-Refrains reduziert werden können.

Natürlich gibt es auch, weil es einfach sein muss, "Verdamp lang her", während "Kristallnaach" und ein wegen Wiberny schier entfesseltes "Arsch huh" an politischer Relevanz bedauerlicherweise nichts verloren haben. Alles Klassiker eben.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort