Beethoven - die Marke für Bonn

Für die Stadt ist ihr größter Sohn wesentlicher Teil ihrer Identität. Ludwig van Beethoven hat Bonn sein Leben lang geliebt. Wie aber steht Bonn zu Beethoven? Der Umgang mit dem neben Mozart weltweit bekanntesten Komponisten ist von Höhen und Tiefen geprägt.

Bonn. Ludwig van Beethoven hat Bonn sein Leben lang geliebt. Wie aber steht Bonn zu Beethoven? Der Umgang mit dem neben Mozart weltweit bekanntesten Komponisten ist von Höhen und Tiefen geprägt.

Im Rückblick darf Bonn sich glücklich schätzen, dass sich immer wieder Prominente und Bürger der Stadt für sein Andenken einsetzten. Das Beethovendenkmal etwa stünde ohne das enorme ideelle und finanzielle Engagement des Komponisten Franz Liszt nicht an seinem heutigen Platz.

Zur Denkmals-Enthüllung reiste Prominenz aus ganz Europa an, sogar die englische Queen Victoria ließ sich die Feierlichkeiten im August 1845 nicht entgehen, die als Geburtstunde des Beethovenfestes angesehen werden - das freilich bis zum nächsten Fest 26 Jahre pausieren sollte. Zum zweiten Beethovenfest, das 1871 mit einjähriger Verspätung im Zeichen von Beethovens 100. Geburtstag stand, wurde Liszt nicht einmal mehr eingeladen.

Einige Bürger der Stadt hatten damals gleichwohl begriffen, dass Beethoven identitätsstiftend für Bonn ist. Heute würde man sagen: Beethoven ist eine Marke. 1889 etwa wurde der Verein Beethoven-Haus gegründet, um das ziemlich heruntergekommene Geburtshaus des Komponisten zu erwerben. Die Stadt Bonn hatte dem Besitzer, einem Kolonialwarenhändler, damals deutlich signalisiert, kein Interesse zu haben. Allein im vergangenen Jahr zog das Haus in der Bonngasse 99 000 Besucher in die Stadt am Rhein.

Mit dem Namen Beethoven kann man überall auf der Welt etwas anfangen. Und überall auf der Welt verbindet man Bonn mit dem Namen des Komponisten. Dass man einmal Bundeshauptstadt war, interessiert in Japan und China längst niemanden mehr. Titel wie Bundesstadt oder UN-Stadt locken die Touristen nicht an den Rhein. Die Menschen, die hierher reisen, wollen zu einem sehr viel größeren Teil Beethoven erleben.

Ein weiterer Magnet neben dem Geburtshaus ist für Bonn-Reisende das Beethovenfest, das erst eineinhalb Jahrhunderte nach seiner Premiere zu einer jährlichen Veranstaltung wurde - auf Betreiben von Bonner Bürgern. Mit den Salzburger Festspielen kann es freilich noch längst nicht konkurrieren.

Die Österreicher haben sehr viel früher den Wert des Komponisten für ihre Stadt begriffen. Obwohl ihr berühmtester Sohn 1782 mit einem gräflichen Fußtritt aus den Salzburger Diensten entlassen wurde und auch wenig Sehnsucht verspürte, dorthin zurückzukehren, hat man es verstanden, ihn als „Marke“ zu etablieren.

Der Gesamtetat der 1920 gegründeten Festspiele wurde 2008 mit 49,1 Millionen Euro beziffert. Das ist mehr als das Zehnfache des Etats, der dem Beethovenfest zur Verfügung steht. Die öffentliche Hand unterstützt die Salzburger Festspiele mit 13 Millionen Euro, der Erlös aus dem Ticketverkauf liegt bei gut 24 Millionen Euro.

Das funktioniert natürlich nur über eine Hochpreispolitik, wie sie für die großen Produktionen üblich ist. Während die teuersten Plätze in Salzburg für 370 Euro angeboten werden, bezahlt man in Bonn „nur“ 95 Euro für die teuerste Karte.

2006 hat die Wirtschaftskammer Salzburg im Auftrag der Festspiele überdies einen „gesamtwirtschaftlichen Umsatz- und Produktionseffekt in der Höhe von 225 Millionen Euro“, errechnet. Von solchen Zahlen muss die Beethovenstadt noch träumen. Ob der Wirtschaftsfaktor „Beethoven“ in Bonn da eines Tages heranreichen wird, kann niemand vorhersagen.

Doch Wachstumspotenzial ist vorhanden. Die Marke Beethoven ist noch längst nicht ausgereizt. 2020 feiert die Welt den 250. Geburtstag des Komponisten. Für Bonn ist das eine Riesenchance.

Beethoven und BonnSeinen rheinischen Akzent hat Ludwig van Beethoven niemals abgelegt. Er war ein Bonner. Auch in Wien. Ein Leben lang. Tatsächlich war die Heimatstadt des Komponisten für die Entwicklung seiner Persönlichkeit von eminenter Bedeutung.

Seine Vision einer humanistisch-idealistischen Freiheitsidee, die in der neunten Sinfonie oder seiner Oper „Fidelio“ in bis dahin unerhörter Weise zum Ausdruck kommt, hat seine Wurzeln in Beethovens Bonner Zeit.

Hier wurde er mit der Philosophie Kants vertraut, hier lernte er die Schriften Schillers kennen. Bereits in seiner Bonner Jugendzeit plante er, dessen „Ode an die Freude“ zu vertonen.

Als Beethoven 1792 endgültig nach Wien zog, brach er die Brücken zu seiner Heimat nicht ab. Bis zum Einzug der französischen Truppen 1794 in Bonn erhielt er sogar ein festes Salär von seinem Dienstherrn, dem Kurfürsten Max Franz, einem Sohn der österreichischen Kaiserin Maria Theresia.

In Wien war Beethoven bald von Bonnern umgeben. Seine Brüder Kaspar Karl und Nikolaus Johann folgten ihm, die Freunde Franz Gerhard Wegeler und Stephan von Breuning ließen sich hier nieder, später kam Ferdinand Ries als Schüler und Privatsekretär zu Beethoven. Ries war es auch, der Beethoven 1817 den Auftrag zur Komposition der neunten Sinfonie aus London vermittelte.

Symptomatisch für Beethovens emotionale Heimat-Verbundenheit ist vielleicht, dass er 1795 ausgerechnet der aus Bonn stammenden Sopranistin Magdalena Willmann, die sich zu der Zeit in Wien aufhielt, einen Heiratsantrag machte. Wenn auch vergeblich.

Noch auf dem Sterbebett bat der Komponist, der zahllose Briefe mit der Floskel „Beethoven bonnensis“ unterzeichnete, den Verleger Schott um die Zusendung von Rhein- und Moselwein.

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