„Beethoven Lounge“ im Pantheon So war die Premiere von Dirk Kaftans Talk-Runde

Bonn · Kit Armstrong, Felix Schmidt und Musiker des Beethoven Orchesters und des Bundesjugendorchester zu Gast bei der mehr als zweistündigen Talkrunde mit Musik rund um Beethoven

 Sie kennen sich mit Beethoven aus: Kit Armstrong (am Flügel) und Dirk Kaftan.

Sie kennen sich mit Beethoven aus: Kit Armstrong (am Flügel) und Dirk Kaftan.

Foto: Felix von Hagen

So erfolgte die Ouvertüre zur ersten „Beethoven Lounge“ im Bonner Pantheon: Eine Abordnung von Musikerinnen und Musikern des Beethoven Orchesters und des  Bundesjugendorchesters (BJO) zog munter musizierend durch die vollbesetzten Publikumsreihen und verteilte wie aus einem Füllhorn großzügig Themen und Motive aus den neun Sinfonien Ludwig van Beethovens. Zum Abschluss der sinfonischen Collage mischte sich sogar ein Schlagzeug unter die klassischen Orchesterinstrumente. In der Lounge soll laut Ankündigung des Beethoven Orchesters halt auch immer Raum für ein „Augenzwinkern“ sein.

Mit dem neuen Talkshow-Format wolle man „ein bisschen Überblick hineinbringen in dieses verrückte Jahr“, sagte Bonns Generalmusikdirektor Dirk Kaftan, der Initiator und Moderator der Reihe. Gemeint war natürlich das Beethoven-Jubiläumsjahr 2020, das auch die Inspiration für die ungewöhnliche Anfangszeit um 20.20 Uhr lieferte.

Talk-Gäste der ersten Ausgabe waren der multitalentierte und genialische Musiker Kit Armstrong, Jahrgang 1992, sowie der Journalist und Buchautor Felix Schmidt, Jahrgang 1934, der 1983 als Chefredakteur des „Stern“ im Skandal um die gefälschten Hitler-Tagebücher zurücktrat und ins TV-Geschäft wechselte. 1970 allerdings war er noch beim „Spiegel“, für den er unter anderem über die Feierlichkeiten zu Beethovens 200. Geburtstag in Bonn berichtete. Als Zeitzeuge hätte Schmidt sicherlich eine Menge zu erzählen gewusst – was er später am Abend zu erkennen gab. Doch übertrug Kaftan ihm zunächst die Rolle des Co-Moderators, der das Interview mit Kit Armstrong führen sollte.

Allerdings fanden die beiden Gesprächspartner zu keinem Zeitpunkt wirklich zueinander. „Können Sie uns erklären, warum der heutige Gedenktag Beethovens so einen internationalen Hype auslöst?“ fragte Schmidt gleich zu Beginn. Worauf Armstrong entgegnete: „Warum soll i c h das erklären?“ Doch der Pianist, Organist, Komponist, Mathematiker und leidenschaftliche Koch Armstrong ließ sein Gegenüber nicht hängen und holte zu einer Antwort aus, die mit der Frage freilich nicht mehr so viel zu tun hatte. „Ich kann vielleicht versuchen, aus der eigenen Perspektive einige Geschichten oder Anekdoten abzuliefern, die vielleicht zumindest am Rande etwas mit diesem Thema zu tun haben könnten“, leitete der in Frankreich lebende Amerikaner mit taiwanesischen Wurzeln seine Antwort in akzentfreiem Deutsch ein und berichtete von einer Reise nach Wien, die er während seiner Kindheit unternommen hatte. Dort habe er Beethovens Wohnhaus besuchen wollen, sei aber auf dem Weg dorthin auf den Pflastersteinen gestolpert. „Ich habe so geweint, dass ich bis heute keine Erinnerung mehr daran habe.“

„Darf ich das mal übersetzen?“

Im weiteren Verlauf des Gesprächs fand Armstrong doch noch zu Beethoven und seiner Musik. Als es um die Erörterung der Frage, ob Beethoven „Mühe mit dem polyphonen Komponieren habe“ (Schmidt), ein wenig zu theorielastig zu werden drohte, schaltete sich Dirk Kaftan ein („Darf ich das mal übersetzen?“) und erdete die Diskussion mit einem Hinweis auf die neunte Sinfonie, in der Beethoven türkischen Marsch („Die Musik der feindlichen Welt Wiens“) und das „urdeutsche Prinzip der Fuge“ im Sinne der Schiller’schen Textaussage „Alle Menschen werden Brüder“ zusammenbringt.

Als Musiker hatte sich Armstrong vor der Diskussion mit  Beethovens später Klaviersonate in E-Dur op. 109 vorgestellt, die er hinreißend klar und reflektiert spielte, und nach dem Gespräch folgten noch die Aria und die Kanons sowie das Quodlibet aus Johann Sebastian Bachs Goldberg-Variationen. Auch hier wirkte sein Spiel kultiviert, transparent und lebendig.

Septett als virtuoser Abschluss

Nach dem Armstrong/Schmidt-Hauptteil hatten Bonns Oberbürgermeister Ashok Sridharan und Malte Boecker, künstlerischer Geschäftsführer der Jubiläumsgesellschaft, noch Gelegenheit, eine positive Bilanz der Eröffnungswochen zu ziehen. Musikalisch wurde der mehr als zweistündige, pausenlose Abend von den Nachwuchsmusikern des BJO mitgestaltet. Arrius Wagner und Marius Kolb spielten ein tänzerisch-virtuoses Duo für Xylophon und Klavier und ein Kammermusikensemble intonierte am Schluss klangschön und virtuos den ersten Satz aus Beethovens Septett in Es-Dur op. 20.

Nächste Beethoven-Lounge am 3. Februar, 20.20 Uhr, im Pantheon. Kostenlose Zählkarten gibt es bei der Theater- und Konzertkasse, Windeckstr. 1 in Bonn.

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