"BOB goes Matrix" Beethoven Orchester begeistert mit Soundtrack zu "Matrix"

BONN · Der Saal tobt, und einige Mitglieder des Beethoven Orchesters Bonn (BOB) blinzeln überrascht ins Publikum. Gilt der nicht enden wollende Jubel dem Science-Fiction-Kultfilm "Matrix" oder der von ihnen live und passgenau eingespielten Filmmusik?

Science-Fiction für Auge und Ohr: Das Beethoven Orchester spielt die Filmmusik zu den Bildern von "Matrix".

Science-Fiction für Auge und Ohr: Das Beethoven Orchester spielt die Filmmusik zu den Bildern von "Matrix".

Foto: Felix von Hagen

Dirigent Frank Strobel weiß, dass es das Gesamtpaket ist, was die Zuschauer vom Hocker reißt. "BOB goes Matrix" ist ein 140-minütiger Rausch für Augen und Ohren, weil die surrealen Bilder und Action-Sequenzen des Streifens nach 15 Jahren nichts von ihrer Kraft verloren haben - und weil kein High-End-Lautsprecher an das Klangerlebnis herankäme, das 100 Profi-Musiker live in der Akustik eines Konzertsaals erzeugen.

Der "Matrix"-Soundtrack von Don Davis ist alles andere als gefällig verkitschter Filmmusikbrei: Nur hartgesottene Klassikfans würden sich mit den bei verschiedenen Komponisten Neuer Musik abgeschauten Stilmerkmalen in einem normalen Abokonzert oder daheim am CD-Player freiwillig auseinandersetzen.

Doch in der funktionalen Verknüpfung mit dem Bild erhalten die konturlosen Streicherflächen, die sich ewig wiederholenden und überlagernden Motive sowie die schrillen Dissonanzen eine deskriptive Wirkung, die ihnen allen Schrecken nimmt.

Peitschende Streicher begleiten die Projektile, denen Neo (Keanu Reeves) in der berühmten Zeitlupenszene auf dem Dach eines Hochhauses ausweicht, und das Schlagwerk ist punktgenau dabei, wenn er Agent Smith mit Schlägen und Tritten traktiert. Das eindrucksvollste Beispiel dafür, wie Musik eine Filmsequenz erst richtig in Szene setzt, ist Neos endgültige Erweckung als Auserwählter.

Gerade noch lag er von Smiths Kugeln durchsiebt tot am Boden, jetzt steht er da, sagt "Nein" und hebt die Hand, worauf die heranfliegenden Geschosse in der Luft stehen bleiben. Diese Stelle kommentiert Davis mit einer wuchtigen Steigerung, die in einer Apotheose des vollen Orchesters gipfelt. Punktgenau mit dem Fortissimo-Schlag erscheinen auf der Leinwand die rasenden grünen Schriftzeichen der Matrix: Vor den Augen des Auserwählten kann die virtuelle Welt ihre Scheinrealität nicht mehr aufrechterhalten.

Damit solche Effekte nicht verpuffen, müssen Musik und Bilderrhythmus perfekt übereinstimmen. Frank Strobel, der über Ohrstöpsel ein mit den Bildern abgestimmtes Taktsignal hört, ist ein Spezialist für absolute Synchronizität: Der Chef der Europäischen Filmharmonie hat schon viele meisterhafte Soundtracks mit großem Orchester aufgeführt. Für das "Matrix"-Konzert wurden die Tonspuren des Films aufgedröselt und eine Kopie erstellt, die nur Dialoge und Geräusche enthält.

In den zwei Stunden und 20 Minuten hat das groß besetzte, mit zwei Klavieren und dem Knabensopran Sebastian Lampert verstärkte Orchester nur selten Pause: Seine Einsätze summieren sich auf zwei Stunden - in denen Konzentration und Spielfreude des BOB nicht ein einziges Mal nachlassen.

Dass sie beim Abspann nicht mehr mit atemberaubenden Filmbildern um die Aufmerksamkeit des Publikums wetteifern müssen, haben sich die Musiker verdient. Die Standing Ovations auch. Das Filmmusik-Ereignis "BOB goes Matrix" schreit nach Fortsetzung.

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