"Wagners Beethoven" Beethovenfest-Intendantin Nike Wagner sprach im Uni-Club

BONN · Es schwingt immer ein bisschen die Aura des Authentischen mit, wenn die Nachfahren großer Künstler über ihre Ahnen reden. Das ist auch bei Nike Wagner so, die am Donnerstagabend in ihrer Eigenschaft als neue Intendantin des Bonner Beethovenfestes einen Gastvortrag auf Einladung der Bonner Rotary Clubs im Uni-Club hielt.

Vor 250 Gästen sprach sie bei ihrer Bonner Premiere als Vortragsrednerin über das aus ihrer Sicht Naheliegendste: "Wagners Beethoven". Der Vortrag hielt, was der knappe Titel versprach. Denn Nike Wagner gelang es, das künstlerische Denken ihres Urgroßvaters Richard Wagner vor dem Hintergrund seiner Beethoven-Rezeption sehr genau zu skizzieren.

"Die Auseinandersetzung mit Beethoven geschieht nicht lebensabschnittsweise, sondern prägt sein Schaffen und Denken lebenslang", sagte sie. Wobei Nike Wagner dramaturgisch geschickt mit dem begann, was die beiden Musiker trennt. Denn was könnten der in erster Linie als Instrumentalkomponist hervorgetretene Beethoven und der als Opernkomponist in die Musikgeschichtsbücher eingegangene Wagner schon gemeinsam haben?

Die Sinfonien, Klaviersonaten und Streichquartette Beethovens gehorchen innermusikalischen Gesetzen, die Opern Wagners aber den Vorgaben des Dramas. Ein größerer Gegensatz ist kaum vorstellbar. Dennoch: Beethovens Erfindungsreichtum hat Wagner wie alle Komponisten seiner Zeit fasziniert. "Keiner kam da raus", sagt Nike Wagner und berichtet, dass "ihm, dem 14-Jährigen, Tränen in die Augen schossen, als die Nachricht vom Tode Beethovens durch die Zeitung verbreitet wurde".

Wagner, der ursprünglich Dichter werden wollte, wurde durch die Begegnung mit Beethovens Werken zum Musiker. Als Dirigent ist er "bei Beethoven grundlegend in die Schule gegangen" - und als Komponist auch. Der junge Richard Wagner schrieb, um zu lernen, die Partituren der fünften und neunten Sinfonie komplett ab. Letztere sollte für immer ein zentrales Werk in seinem Denken bleiben. Nike Wagner erwähnte auch die Novelle "Eine Pilgerfahrt zu Beethoven" ihres Urgroßvaters, in der bereits der Gedanke formuliert ist, Beethovens Neunte sei die letzte Sinfonie überhaupt und gleichzeitig der Übergang zum Musikdrama im Wagner'schen Sinn.

Wagner habe allerdings auch den Weg dazu gebahnt, das Beethoven später "zum Inbegriff des deutschen Musikheros und Titanen werden ließ", wobei Nike Wagner eine Linie bis zum NS-Chefideologen Alfred Rosenberg zog. Die Nationalsozialisten seien fasziniert gewesen vom "Erhabenen", das sich in den Werken beider Komponisten, Beethoven und Wagner, finde.

Nike Wagner mochte ihren Vortrag allerdings nicht enden, ohne nach vorn zu blicken und im Hinblick auf eine künftige Auseinandersetzung mit Beethoven für eine "produktive Umformung" zu plädieren. Unter ihrer Ägide werde das Beethovenfest zeitgenössische Künstler zu Reaktionen auf Beethoven animieren, um Neues "zu Ehren des großen Neuerers Ludwig van" in die Welt zu setzen.

Rotary-Präsident Thomas Kersting hatte in seiner Begrüßung noch an einen anderen großen Ahnen der Rotary-Freundin Nike Wagners erinnert - Franz Liszt: "Wo wäre das Bonner Erbe Beethovens ohne die ideelle und großzügige Unterstützung eines Franz Liszt heute?"

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