Alter Malersaal Bejubelte Premiere der Jugendoper "Peer Gynt" in Bonn

BONN · Beim Schälen der berühmten Zwiebel kommt Peer Gynt von selbst zu der Erkenntnis, dass ihm die Substanz fehlt: "Das hört ja nicht auf! Immer Schicht noch um Schicht! Kommt denn der Kern nun nicht endlich ans Licht?" Nein, kommt er nicht, auch nicht in der Jugendoper, die Ekaterina Klewitz und Jens Kerbel im Alten Malersaal auf die Bühne gebracht haben.

 Szene mit Amelie Conrad (Solveig) und Andreas Theobald (Peer Gynt).

Szene mit Amelie Conrad (Solveig) und Andreas Theobald (Peer Gynt).

Foto: Lilian Szokody

Der nordische Faust bleibt ein Nichtsnutz, den nur die unerschütterliche Liebe Solveigs davor retten kann, vom Todesengel Knopfgießer eingeschmolzen zu werden. Die Bonner Fassung folgt im großen und ganzen dem "Peer Gynt" von Henrik Ibsen; dazu kommt die gleichnamige Suite von Edvard Grieg, die, wenn überhaupt, als Bühnenmusik zum Drama heute nur noch ironisch zitiert wird.

Doch für den bunten Bilderbogen der Jugendoper ist sie genau richtig, zumal die musikalische Leiterin Ekaterina Klewitz die Griegschen Melodien gekonnt zu Gesangssoli und Chorstücken umarrangiert hat.

So stimmt sich der stimmstarke Kinder- und Jugendchor des Bonner Theaters singend auf die bevorstehende Hochzeit von Peers Verflossener Ingrid mit Mads Moen ein; er tobt als wilde Trollschar durch die Halle des Bergkönigs und becirct auf Geheiß der Beduinen-Prinzessin Anitra den liebestollen Peer mit anmutigen Schleiertänzen.

Regisseur Kerbel hat die vielen Fluchten und Irrfahrten des Titelhelden mit märchenhafter, teils surrealistischer Farbenpracht in Szene gesetzt; die variable Bühne von Uta Heiseke und die prachtvollen Kostüme von Mathilde Grebot sind ihm dabei eine große Hilfe.

Ibsens Sprache ist vereinfacht und dem Jugendidiom angepasst, um den Zuschauern die Identifikation mit Peers Sinn- und Selbstsuche zu erleichtern. Andreas Theobald spielt den Taugenichts mit entwaffnendem Charme und großer Intensität; seine Trauer auf der Bettkante der sterbenden Mutter Aase rührt zu Tränen.

Amelie Conrad ist Solveig und singt ihr Lied mit berückend schönem Mädchensopran; auch Mailin Koecke (Aase), Clara Heinz (Knopfgießer), Janina Gasteier (Trollprinzessin) und alle anderen Solisten machen ihre Sache ausgesprochen gut. Hinter einem transparenten Vorhang nimmt das ebenfalls nur mit Jugendlichen besetzte Orchester der Jungen Oper die Zuhörer schon mit den ersten Takten der "Morgenstimmung" gefangen und erweist sich als zuverlässiger Begleiter bis zum Ende.

Dann liegt der nach Hause zurückgekehrte Peer in Solveigs Armen und kommt endlich zur Ruhe. Anders als das Publikum, das alle Mitwirkenden noch lange feiert.

Die nächsten Vorstellungen: 30. Juni, 1. und 2. Juli (ausverkauft)

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