Beethovenfest 2015 Berliner Staatskapelle eröffnet Festival

Bonn · Mit einem Konzert der Berliner Staatskapelle unter der Leitung von Daniel Barenboim wurde am Freitagabend das Beethovenfest eröffnet. Das Motto des erstmals komplett unter Nike Wagners Regie gestalteten Festivals lautet "Veränderungen"

 Gespür für Dramatik: Daniel Barenboim dirigiert die Berliner Staatskapelle in der Bonner Beethovenhalle.

Gespür für Dramatik: Daniel Barenboim dirigiert die Berliner Staatskapelle in der Bonner Beethovenhalle.

Foto: Barbara Frommann

Wuchtiger lässt sich ein Beethovenfest musikalisch kaum beginnen als mit dem massiven, düsteren Orchestertutti in f-Moll und dem folgenden Trauermarsch, mit dem Ludwig van Beethoven seine Ouvertüre zu Goethes Trauerspiel "Egmont" einleitet. Doch wenn Daniel Barenboim am Pult seiner Berliner Staatskapelle steht, darf man sicher sein, dass sich hier die Dramatik des Stückes mit Gespür für die rechte Dosierung entfalten wird. Tatsächlich spielte das Orchester nicht nur den langsameren Beginn, sondern auch das folgende Allegro und sogar die im Tempo noch einmal kräftig angezogene finale "Siegessinfonie" bei allem kraftvollen Zugriff klanglich überaus differenziert.

Variationen sind keine leichte Kost

Am Donnerstagabend hatten Barenboim und sein Orchester bereits ein anderes Festival eröffnet: die Berliner Festspiele. Dort konfrontierten Dirigent und Orchester ihr Publikum mit einem reinen Schönberg-Abend. Einen kleinen Ausschnitt daraus, die zum Beethovenfest-Motto "Veränderungen" passenden Variationen für Orchester op. 31, brachten sie nun auch nach Bonn mit. Die Komposition des zwölftönigen Werkes bereitete seinem Schöpfer einige Mühen, eine Zeit lang legte er die Partitur ganz beiseite, bis Wilhelm Furtwängler ihn drängte, sie zu vollenden. Was dann 1928 auch zügig passierte.

Die Variationen sind sicher keine ganz leichte Kost. Auch im zeitlichen Abstand von fast 90 Jahren ist es nicht einfach, sie bis in die kleinsten Verästelungen hinein zu verstehen. Aber sie sind dennoch überaus reizvoll, weil sie zeigen, dass Arnold Schönberg auch ein Klangmagier war, und weil die musikalische Dichte auch immer eine des Ausdrucks ist. Die Staatskapelle zeigte dies am Freitagabend nicht nur in der ein schönes Solo der Konzertmeisterin zierenden zweiten Variation oder in den kontrapunktisch kunstvoll verflochtenen Stimmen der dritten Variation, sondern zum Beispiel auch in der spukhaft vorüberhuschenden vierten und der expressiven Geste der fünften Variation.

Schönberg nutzt den vollen Klang des Großorchesters ebenso wie die kammermusikalisch intimen Episoden, wie die Musiker sie in der siebten Variation mit fein gezeichneten Strichen zu Gehör brachten. Hier eine Klarinette, da ein kurzes Streichertremolo und immer wieder zarte Glockentöne der Celesta. Höhepunkt war freilich das wie ein Nachtstück beginnende Finale, in dem Schönberg überaus fantasievoll mit dem Vierton-Motiv B-A-C-H spielt. "Ich glaube, ich habe mein Zitat recht sorgfältig eingewoben", meinte er selbst.

Begeisternder Beifall nach dem fulminant gespielten Finalsatz

Nach der beeindruckenden Wiedergabe der Variationen, deren komplexe Partitur Barenboim völlig souverän auswendig dirigierte, schwenkten er und sein Orchester musikalisch vom Festland zur britischen Insel über. Ein größerer Kontrast ist kaum denkbar als zwischen Schönbergs op. 31 und der zwanzig Jahre zuvor entstandenen ersten Sinfonie Edward Elgars. Das Werk, das der Dirigent der Uraufführung, Hans Richter, für "die größte Sinfonie unserer Zeit" hielt, beginnt mit einer melodisch hymnischen Einleitung, die Barenboim überaus schwelgerisch und süffig spielen ließ. Im weiteren Verlauf des Kopfsatzes zeichnete das Orchester die zum Teil scharfen Kontraste beeindruckend deutlich nach. Dass das Publikum bei der Uraufführung vor allem den langsamen Satz feierte, ist nach Barenboims inniger, gefühlvoller Interpretation sehr gut nachzuvollziehen. In Bonn gab es freilich erst nach dem fulminant gespielten Finalsatz begeisterten Beifall.

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