"Birth Control" rockt das Kubana in Siegburg

Beim Solo steht "Nossi" auf den Drums - Ausnahme-Schlagzeuger Bernd Noske mit von der Partie

  Die Legende lebt:  Birth Control mit Gitarrist "Ludi", Drummer und Sänger Bernd Noske sowie Bassist Hannes Vesper auf der Bühne im Kubana.

Die Legende lebt: Birth Control mit Gitarrist "Ludi", Drummer und Sänger Bernd Noske sowie Bassist Hannes Vesper auf der Bühne im Kubana.

Foto: Ingo Eisner

Siegburg. Der Groove von Bass und Schlagzeug geht in den Bauch und in die Beine. Der dräuende Klang der Orgel und die Gitarrenriffs machen dem Publikum bereits bei den ersten Takten klar, um was für ein Stück es sich handelt. Spätestens beim Refrain gibt es kein Halten mehr. "Gamma Ray, Gamma Ray, Gamma Gamma Gamma Ray, made of pure existence? tönt es aus mehr als 100 Kehlen im Kubana-Live-Club.

Die Freude, als Bernd Noske, Schlagzeuger, Sänger und Chef der Krautrock-Legende "Birth Control" den Klassiker ansagte, kannte unter den Fans keine Grenzen. Noske, genannt "Nossi", gab zusammen mit Gitarrist "Ludi", Bassist Hannes Vesper und Keyboarder Sascha Kühn alles und bot den Zuhörern eine fast 20-minütige Version, die es in sich hatte. Der Song verhalf "Birth Control" 1972 zum internationalen Durchbruch. Sozialkritische Texte in harte, brillant gespielte Rockmusik verpackt, wurde zum Markenzeichen einer Gruppe, die als eine der wenigen deutschen Bands noch heute weltweiten Ruf genießt.

"Birth Control" entstand Mitte 1968 aus zwei Berliner Bands. Den Namen gab sich die Formation, nachdem sie den englischen Ausdruck für Geburtenkontrolle in einer Sendung des Radiosenders AFN gehört hatte. Zur ersten Besetzung gehörte damals noch der heutige Fernsehsmoderator Hugo Egon Balder am Schlagzeug, bevor Noske dazustieß. "Als der sich hinters Schlagzeug setzte, wusste ich, dass ich da nicht mithalten kann", erinnerte sich Balder. Mit "Nossi" kam dann auch der Erfolg.

Auf ein dreimonatiges Gastspiel in einem Beiruter Nachtclub folgten Auftritte im legendären Londoner Marquee-Club. 1970, als das erste Album der Band erschien, traten sie zusammen mit Jimi Hendrix und "Ten Years After" beim "Super Concert" in der Berliner Deutschlandhalle auf. Mit Zeus Held an der Orgel und dem Gitarristen und Hauptkomponisten Bruno Frenzen sowie Noske stand damals die erfolgreichste Besetzung auf der Bühne. Von Berlin zog es die Band zunächst nach Frankfurt und schließlich ins beschauliche Pohlhausen bei Neunkirchen, wo sie als WG auf dem Lerchenhof lebte.

Ausgedehnte Europatourneen und erfolgreiche Alben folgten. Ende der 70er Jahre schien die große Zeit für die Band, die immer wieder mit provozierenden Plattenhüllen aneckte, vorbei. Als 1983 auch noch Bruno Frenzen an den Spätfolgen eines Stromschlags starb, machte "Nossi" den Laden dicht. Erst zehn Jahre später hauchte der Ausnahmeschlagzeuger, der auch mit 62 Jahren nichts verlernt hat, zusammen mit Horst Stachelhaus der Band wieder Leben ein.

Trotz des Verlustes von Stachelhaus, der 1999 starb, schaffte es Noske, die Band am Leben zu erhalten und den Platz in der ersten Reihe der deutschen Rockszene zurück zu erobern. Dass "Birth Control" immer noch zu den ganz Großen gehören, stellten sie am Samstagabend im Kubana eindrucksvoll unter Beweis. Gitarrist "Ludi" ließ seine Finger gekonnt übers Griffbrett fliegen und sorgte zusammen mit dem Organisten Sascha Kühn dafür, dass der prägnante Gitarren-und Orgel-Sound, mit dem die Band berühmt wurde, durch das Kubana wehte.

Stücke der Alben "Plastic People" "Backdoor Possibilities" und "Hoodoo Man" begeisterten die zahlreichen Anhänger. Bei "Gamma Ray" gab es kein Halten mehr. Bernd Noske, der heute in Ruppichteroth-Hatterscheid lebt und dem Schlagzeugnachwuchs an der Hennefer Musikschule Unterricht erteilt, war trotz Erkältung in grandioser Form. Mit einem ausgedehnten Solo, bei dem er zum Schluss auf seinen Trommeln stand, zeigte "Nossi", dass er auch mit 62 Jahren immer noch zu den besten Schlagzeugern Deutschlands gehört.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort