James Cameron „Avatar – The Way of Water“ ist neu in den Bonner Kinos

Bonn · „Avatar – The Way of Water“ ist eine bildgewaltige Metapher für unseren Umgang mit der Erde. Die große Botschaft hat James Cameron beeindruckend umgesetzt. Mit einem kleinen Widerspruch in sich.

Bedroht zu Wasser wie zu Lande: Britain Dalton als Lo‘ak in „Avatar – The Way of Water.“

Bedroht zu Wasser wie zu Lande: Britain Dalton als Lo‘ak in „Avatar – The Way of Water.“

Foto: AP/ap

Als James Camerons „Avatar – Aufbruch nach Pandora“ mit einem Einspielergebnis von 2,9 Milliarden Dollar 2009 den Thron als erfolgreichster Film aller Zeiten bestieg, wurde das 3D-Fantasy-Spektakel als neuer Messias des Kinos gefeiert. Durch die Weltwirtschaftskrise hatte die Branche damals starke Einbußen erlitten. In der Hoffnung, dem Kino wieder seinen Event-Charakter zurückgeben zu können, rüsteten zahllose Lichtspielhäuser auf die neue 3D-Technik um. Aber der Boom hielt nur ein paar Jahre an. Dann verstaubten die 3D-Brillen in den Lagerräumen der Multiplexe. Denn die Fortsetzung des Messias-Filmes ließ lange auf sich warten. Bereits 2009 hatte Cameron angekündigt, „Avatar“ zu einer Trilogie ausbauen zu wollen und sprach wenige Jahre später bereits von vier weiteren Fortsetzungen. Nun, 13 Jahre, eine Pandemie und ein verprasstes Produktionsbudget von geschätzten 250 Million Dollar später, kommt „Avatar – The Way of Water“ zur Weihnachtszeit in die Kinos – und wieder soll Camerons Werk die Bilanzen in der gebeutelten Branche retten.

Hochwertiges Überwältigungskino

Dieses Potenzial hat das 192-minütige Epos allemal, das dem Pu­blikum erneut hochwertiges Überwältigungskino bietet. Pandora ist und bleibt ein Himmelskörper, auf dem man aus dem Staunen nicht herauskommt. „The Way of Water“ beginnt dort, wo der Vorgängerfilm aufgehört hat: in den fantastischen Wäldern, in denen der Clan der Omatikaya lebt.

„Glück ist einfach“, sagt Sully (Sam Worthington) zu Beginn aus dem Off, der sich als Avatar vollkommen in das Leben des Stammes eingegliedert und mit Neytiri (Zoe Saldaña) eine Familie mit vier Kindern gegründet hat. Aber natürlich ist das glückliche Leben im Einklang mit der Natur schon bald wieder bedroht. Die „Himmelsmenschen“ von der Erde kehren mit ihren martialischen Waffen und Bulldozern zurück. Und diesmal wollen sie ganz Pandora kolonisieren, weil ihr eigener Planet bald unbewohnbar sein wird. Die letzte Generation der Erdlinge erobert sich mit imperialistischer Gewalt neue Lebensräume.

Söldnertruppe auf Rachefeldzug

Mit von der Partie ist auch der als Avatar wiederauferstandene Colonel Quaritch (Stephen Lang), der sich mit seiner Söldnertruppe an dem Verräter Sully rächen will. Schon bald ist die Familie gezwungen, die geliebten Heimatwälder zu verlassen. Die Flüchtlinge finden Asyl beim Clan der Metkayina, die mitten im Ozean auf einer weitläufigen Insel- und Riff-Landschaft heimisch sind. Hier holt James Cameron zu einem weiteren, atemberaubenden „Worldbuilding“ aus. Die bunte Korallenlandschaft beherbergt eine äußerst diverse, fantastische Fauna und Flora, durch die deren Bewohner auf beflügelten Amphibien tauchen und hinwegfliegen. Es ist ein großer Auftritt für die sorgfältig orchestrierte 3D-Technik, die ganze Fischschwärme in den Kinosaal ausbrechen lässt.

Was für das Publikum ein cineastisch-touristisches Vergnügen ist, wird für die Familie zum schwierigen Integrationsprozess. Ihre Fähigkeiten als Waldbewohner sind in diesem Biotop wertlos. Ihre Arme haben keine Schwimmhäute und anders als die Einheimischen können die Geflüchteten beim Tauchen nur wenige Minuten die Luft anhalten.

Ein metaphorischer Raum für die Zukunft des Planeten

Ausführlich widmet sich der Film vor allem aus der Sicht der Kinder dieser schwierigen Adaption an eine vollkommen fremde Umgebung und verhandelt damit ganz irdische Probleme im fantastischen Raum. Denn auch wenn in diesem „Avatar“ ausnahmslos Charaktere in Na‘vi-Gestalt die Hauptrollen spielen und Stars wie Zoe Saldaña, Sigourney Weaver und Kate Winslet im Performance-Capture-Verfahren nur noch als gerenderte Versionen ihrer selbst vage zu erkennen sind, ist die Welt von „The Way of Water“ ein ausschweifender (und wenig subtiler) metaphorischer Raum für die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft unseres Planeten.

Reflektierte der erste Teil maßgeblich die brutale Kolonialisierung des amerikanischen und afrikanischen Kontinents, öffnet „The Way of Water“ noch stärker den Blick auf die umfangreiche Zerstörung der Natur durch den Menschen. Das sinnliche Seherlebnis in den Unterwasserlandschaften Pandoras ist auch ein hoch potenzierter Blick auf eine Artenvielfalt, die auf der Erde gerade rasant verloren geht. Wenn die „Himmelsmenschen“ mit ihren Hightech-Booten wegen ein paar Liter millionenteuren Lebensserums Jagd auf Wale machen, ist das nicht nur eine Neuauflage von „Moby Dick“, sondern auch eine bildgewaltige Metapher für unseren Umgang mit dem Planeten.

Der Widerspruch, dass ausgerechnet ein gigantisches Hightech-Spektakel mit entsprechender CO2-Bilanz im eingemauerten Erlebnisraum des Kinos für ein Leben im Einklang mit der Natur wirbt, bleibt dabei freilich weiterhin bestehen. Stern, Woki, Kinopolis

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