Ausstellung in Bonn Magisches von Bus und Bahn

Bonn · Igor Przybylski hat ein Faible für Technisches. Doch wenn der Pole künstlerisch auf Fahrpläne, Loks und Busse schaut, hat das etwas Hintergründiges. In der Galerie von von Thorsten und Julia Smidt lässt sich dem nachspüren.

 Igor Przybylski und ein Motiv der Busserie „H9“, die in Polen mehr als 40 Jahre lang gebaut wurde.

Igor Przybylski und ein Motiv der Busserie „H9“, die in Polen mehr als 40 Jahre lang gebaut wurde.

Foto: Schoenebeck

In Bonn habe er an diesem Tag mehrere Loks fotografiert, erzählt Igor Przybylski am Abend seiner Ausstellungseröffnung in der Galerie von Julia und Thorsten Smidt. Die junge Galerie liegt im Bonner Musikerviertel und ist auf polnische zeitgenössische Kunst spezialisiert. Ausgestellt wird in den Wohnräumen der Smidts, die ihre Begeisterung für Polen und seine aktuelle Kunstproduktion nebenberuflich ausleben. Zumindest Thorsten Smidt ist jedoch vom Fach; denn er hat im Fach Kunstgeschichte zur zeitgenössischen polnischen Malerei promoviert. Im Hauptberuf ist er der Ausstellungsdirektor am Haus der Geschichte in Bonn.

Interesse für Design und Infrastruktur

Igor Przybylski bestreitet mit seinen Arbeiten die dritte Ausstellung in der Galerie, und dass er Loks fotografiert, ist kein Zufall. Design und Infrastruktur öffentlicher Verkehrsmittel und hier insbesondere Bus und Bahn habe ihn schon immer interessiert, sagt der Künstler, der an der Kunstakademie in Warschau studiert hat. Die Ausstellung „Wo ist Polen?“ in der Kunsthandlung Smidt gibt nun mit einem guten Dutzend Bilder einen Einblick in die spezielle Welt von Przybylskis Mobilität.

Der Ausstellungstitel bezieht sich auf ein Bild, das die Streckenkarte des Trans-Europ-Express (TEE) von 1974 zeigt – dem Geburtsjahr des Künstlers. Der TEE verband damals die westeuropäischen Staaten im Schienenfernverkehr, aber nach Polen und dem gesamten Osten hin brach das Netz ab. Das Bild gleich daneben heißt „DB 103-245“ und zeigt eine Lok der Baureihe 103 der Deutschen Bundesbahn, die vielfach auf diesem Streckennetz eingesetzt wurde. Przybylski malt sie frontal in der klassischen Lackierung von 1974 mit Purpurrot und Elfenbein.

Nostalgie schärft die Sinne für Gegenwärtiges

Als weiteres Leitmotiv taucht die Busserie H9, die in Polen über 40 Jahre lang gebaut wurde, auf. Der Künstler malt die Rückseite des Busses, oder er zoomt bestimmte Details wie Scheinwerfer, einen Türgriff oder die Heckleuchten heran. Die Größenverhältnisse verschieben sich. Man nimmt Farben, Formen und Muster nicht mehr als funktionalen Teil der Technik, sondern als eigenständiges Motiv wahr. Dies liegt durchaus in der Absicht des Künstlers, der durch seine zunächst nostalgisch wirkenden Schlenker in die Vergangenheit die Sinne für die Gegenwart schärfen möchte. Die Eigenschaften von Przybylskis Malweise sind figurativ abbildend, aber zugleich von einer durchscheinenden Flüchtigkeit. Nach der ersten Skizze mithilfe des Lineals auf der Leinwand wird nur noch freihändig gearbeitet, sodass die Linien den feinen Puls der malenden Hand aufnehmen.

Gewiss ist das technische Interesse zu spüren, das Przybylski an Loks und Bussen hat, aber mindestens genauso groß und wichtig scheint die Gefühlswelt zu sein, die ihn mit seinen Motiven verbindet. Das hat etwas Magisches.

Kunsthandel Smidt, Gluckstraße 10 in Bonn, bis 24. September, Öffnungszeiten nach Vereinbarung unter info@kunsthandel-smidt.de.

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