Unterwegs zur Kunst Bonner Ausstellungen im "Esszimmer" und in der Galerie Reul

Bonn · Zwei Jahre am Stück auf Achse, unterwegs durch den Globus, maximal ein zweitägiger Aufenthalt an einem Ort, so in etwa sieht von je her das Künstlerinnenleben von Liliane Freiermuth aus.

 Verschwommene Welt: Gemälde von Andrea C. Hoffer in der Galerie Reul.

Verschwommene Welt: Gemälde von Andrea C. Hoffer in der Galerie Reul.

Foto: Mecklenburg

Galerie Carla Reul: In ihren Eitempera Kompositionen und in ihren mischtechnischen Experimenten lädt Andrea C. Hoffer vielfach den Betrachter dazu ein, seine Sensoren auf einen behaglich eingerichteten Innenraum einzustimmen. Diese malerisch raffinierte Strategie der Sinneserwärmung macht fit für eine imaginäre Reise, die an die (fließenden) Grenzen zwischen Figuration und Abstraktion führt. Zuerst registriert das Auge unwillkürlich einen bühnenartigen Raumgrundriss, bestückt etwa mit Kronleuchtern, Lampen, Tischen, Blumenarrangements und einem meist mittig platzierten Polstersessel.

In der bereits sachte gedimmten Privatatmosphäre beginnen ohnehin fragmentarisch gegenwärtige Einrichtungsgegenstände, Raumpfeiler und Objekte (darunter Fotos, Wandgemälde) langsam vor den Augen zu verschwimmen. Der Auflösungs- und Verflüchtigungsprozess greift vom Gefüge des Interieurs über in die, durch Fenster oder Türen sichtbare Außenwelt.

Das frappierende Ergebnis ist stets eine andersartige Verschmelzung oder Inszenierung der gleichermaßen variablen Blickpunkte: Innenraum oder Milieu, Stillleben und Landschaft/Natur. Parallel mischen sich per Aufweichung und mystifizierenden Spiegelungen malerische, poetische Komponenten mit plastischen oder grafischen Eindrücken. Eine oft tropische Vegetation sowie eine fernöstlich angehauchte Szenerie von verschatteten Bäumen und Sträuchern vermählen sich gleichsam mit einer Innenwelt, die bei näherer Betrachtung feinsinnig ausgestattet ist mit abstrakten Versatzstücken wie etwa von der Zimmerdecke herunterwallende Farbenblöcke ("Der Übergang").

Galerie Carla Reul, Dürenstraße 9, bis 2. Oktober. Di - Fr 14 bis 18 Uhr, Sa 11 bis 15 Uhr.

Das Esszimmer/Raum für Kunst: Zwei Jahre am Stück auf Achse, unterwegs durch den Globus, maximal ein zweitägiger Aufenthalt an einem Ort, so in etwa sieht von je her das Künstlerinnenleben von Liliane Freiermuth aus. Das althergebrachte Motiv der Reise, das Prinzip Bewegung, Freiheit sowie Wachsamkeit der Sinne und Neugierde sowie das Zustandekommen von Entdeckungen und Geschichten bestimmen den Tenor des einen Besuch lohnenden Projektes "Las Pequeñas Historias del Pueblo Cocopeme". Eine Gemäldesequenz, essayistische oder aphoristische Texte, Fotografie und eine großzügig angelegte Skizze beleuchten das mehrdeutige Zentralthema Vagabundieren auf unterschiedlichen Ebenen. Insgesamt konfrontiert die 1965 im schweizerischen Zeiningen geborene Künstlerin eine aus punktuellen Pointen arrangierte an die Vorstellungskraft des Betrachters appellierende Reisefeature. Die im Bereich Film erfahrene Freiermuth stockt ihr abgeschlossenes Modedesignstudium auf durch eine Ausbildung an der Baseler Schule für Gestaltung.

Obgleich die durch Fotodokumentationen inspirierten Gemälde Ausschnitte aus fernen Metropolen, fremden Kulturen liefern, stellt sich sofort ein Déjà-vu-Erlebnis ein. Erhebende Sonnenuntergänge, wonnige Dachstuben, mit Unrat gefüllte Straßenecken, Schranken, Biotope und Wolkenkratzer demonstrieren, dass Fremdheit und Vertrautheit dicht beieinander liegen. Dem malerisch bewältigten "Alltag meiner Reisen" gegenübergestellt ist die Installation "Die Acht Berge von Hong Kong". Ein Set von gefalteten Briefen offenbart flaschenpostartige Kommentare, sketchartige Stories der ansonsten zwischen Zürich und London pendelnden Globetrotterin. Aus einem Karton (Thema Um- und Einzug) quellen Berge zerknüllter Papiere, verworfene Quintessenzen von Reisereflektionen.

Weitere Informationen

Das Esszimmer - Raum für Kunst, Mechenstr. 25, bis 2. Oktober. Do, Fr 15 bis 18.30 Uhr und nach Vereinbarung: 0172 / 38 32 161.

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