Spielzeit 2016/17 des Theaters in Bonn Bonner Debüt für Peter Sellars

Bonn · Die Spielzeit 2016/17 des Theaters: Vielfalt in der Oper, Mut im Schauspiel und noch mehr Tanz. Die mit der English National Opera in London koproduzierte Oper „The Gospel According To The Other Mary“ inszeniert Regiestar Peter Sellars.

Von Mozarts „Don Giovanni“ bis zu „The Gospel According To The Other Mary“ des amerikanischen Minimal-Meisters John Adams reicht das Spektrum an großen Werken des Musiktheaters, das in der Spielzeit 2016/17 an der Bonner Oper zu sehen und zu hören sein wird. Generalintendant Bernhard Helmich hat einen Spielplan zusammengestellt, der deutlich seine Handschrift erkennen lässt: Neue Werke kommen hier ebenso zu ihrem Recht wie alte, (Wieder-)Entdeckungen wie Repertoire-Klassiker.

Die mit der English National Opera in London koproduzierte Adams-Oper inszeniert übrigens Regiestar Peter Sellars, der „größte Regisseur, der jemals in dieser Stadt inszeniert hat“, wie Helmich gestern im Opernhaus bei der Vorstellung des Gesamtspielplans des Theaters herausstrich. Wie immer zum Saisonbeginn gibt es ein Musical. In diesem Jahr ist es Andrew Lloyd Webbers „Evita“ mit Bettina Mönch in der Titelrolle.

Als Dauerbrenner besetzt Giacomo Puccini die Bonner Bühne, dessen Oper „La Bohème“ am 25. September in einer Inszenierung von Jens Daniel Herzog die eigentliche Opernsaison eröffnet. Am Pult steht Jacques Lacombe, der sich gestern in seiner Eigenschaft als Opern-Chefdirigent vorstellte. Der 52-jährige Kanadier wird für zwei Jahre an der Oper die Aufgaben des Generalmusikdirektors übernehmen, in seinem zweiten Jahr also wohl mit dem designierten Blunier-Nachfolger Dirk Kaftan eine Doppelspitze bilden. Sein Bonn-Debüt gibt er in dieser Saison mit Rezniceks „Holofernes“.

In der kommenden Spielzeit studiert er auch die zweite Produktion ein: Donizettis „Lucia di Lammermoor“ (30. Oktober), mit der großartigen Julia Novikova, die früher einmal im Bonner Ensemble sang, in der Titelrolle. Und in Benjamin Brittens „Peter Grimes“ (7. Mai) übernimmt er ebenfalls die Stabführung. Die Produktion ist aber vor allem wegen José Cura interessant, der die Titelrolle singt und zugleich Regie führt und die Ausstattung entwirft. An den Erfolg der frühen Verdi-Oper „Jérusalem“ (jede Vorstellung ist restlos ausverkauft) soll der „Attila“ anknüpfen. Ins Zeug legen sich dafür Dietrich W. Hilsdorf (Regie) und Will Humburg (musikalische Leitung). Abgerundet wird der Spielplan durch Jörn Arneckes Familienoper „Ronja Räubertochter“. Als konzertante Aufführung zum Jahreswechsel erklingt Händels „Giulio Cesare“.

Die Erfolgsgeschichte der „Highlights des Internationalen Tanzes“ soll mit spannenden Gastspielen fortgeschrieben werden. Für den Februar 2017 kündigte Tanzkurator Burkhard Nemitz sogar ein kleines Festival an: Zu den Tanztagen kommen das Spellbound Contemporary Ballet, „Les Ballets Bubenícek“ sowie das Royal Ballet of Flanders“.

Geprägt von Herausforderungen

Die kommende Spielzeit des Schauspiels lässt sich mit einem Wort zusammenfassen: mutig. Denn was Schauspieldirektorin Nicola Bramkamp, mit Wehmut Richtung Beuel und mit Hoffnung nach Bad Godesberg schauend, gestern auf der Pressekonferenz vorstellte, war nicht etwa von Publikumsmagneten geprägt, sondern von Herausforderungen.

Gut, zwei Shakespeare-Stücke tauchen tatsächlich auf, doch mit „Der Sturm“ steht dem großen Liebesdrama „Romeo und Julia“ ein Spätwerk des Barden von Avon gegenüber, das einen beträchtlichen Interpretationsspielraum lässt und auch fordert. Gleiches gilt für Dostojewskis „Der Spieler“ und Thomas Manns „Buddenbrooks“, die die Tradition der Romanbearbeitungen fortsetzen.

Dem gegenüber steht ein beträchtlicher Anteil moderner und mitunter recht eigenwilliger Theaterliteratur: So findet im Oktober 2016 die Uraufführung des neuesten Stücks von Fritz Kater statt, der zu den wichtigsten deutschen Theaterautoren der Gegenwart zählt. „Wir glauben, dass moderne Stücke nicht nur was für die Werkstatt sind“, sagte Bramkamp dazu. Das Spiel mit der Sprache dürfte bei Katers Auftragswerk für das Theater Bonn ebenso maßgeblich sein wie bei Thomas Bernhards „Der Theatermacher“ oder Yasmina Rezas „Kunst“ – letzteres wird der leitende Dramaturg Jens Groß inszenieren. Neben ihm debütieren nicht weniger als fünf Regisseurinnen und Regisseure in der nächsten Spielzeit in Bonn, darunter Simone Blattner mit Elfriede Jelineks selten gespieltem Stück „Alptraumhalde“.

Ende September soll um die Universität herum eine Live-Gaming-Erfahrung des Kollektivs Prinzip Gonzo stattfinden – und auch der Theatercontainer der Sparte 4, der mit Cornelia Funkes „Igraine Ohnefurcht“ ein neues spannendes Stück im Repertoire hat, wird weiter von Ort zu Ort ziehen.

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