Bonner Frauenmuseum im WM-Fieber

Die Fußballeuphorie hat nun auch das Frauenmuseum erreicht, wobei die Heldinnen Marta und Nadine Angerer heißen, der Kicker-Tisch natürlich mit Mädchenfiguren bestückt ist und es ganz demonstrativ um die FIFA Frauen-WM geht.

Bonner Frauenmuseum im WM-Fieber
Foto: Thomas Kliemann

Bonn. Die Fußballeuphorie hat nun auch das Frauenmuseum erreicht, wobei die Heldinnen Marta und Nadine Angerer heißen, der Kicker-Tisch natürlich mit Mädchenfiguren bestückt ist und es ganz demonstrativ um die FIFA Frauen-WM geht. 36 Tage vor dem Beginn der Weltmeisterschaft laufen sich die Bonner Frauen warm.

Das geschieht mit einer Ausstellung, die mit Augenzwinkern, aber auch durchaus ernsthaft Historie, Kult und Kunst rund um den Fußball zusammenbringt. Zehn bildende Künstlerinnen, eine Dichterin und drei Performerinnen haben sich vom Ballsport inspirieren lassen. Da gibt es wehmütige Erinnerungen an Kindertage, als Frau im Sonntagskleidchen kicken musste (Ulrike Tscherner-Bertoldi, Lena Pampolha).

Eunice Duarte und Marlene Leal Da Silva feiern den brasilianischen Mega-Star Marta mit naiven Bildern und Devotionalien. Sibylle Anderl hat die Tatsache, dass es aktuell keine Sammelbildchen von Fußballerinnen gibt, zum Anlass genommen, Männerbildchen zu schminken und umzubenennen: Manuel Neuer wird zu Nadine Angerer, Diego zu Annike Krahn.

Das Innere von Fußbällen hat die Textilkünstlerin Anemone Tontsch ausgeweidet und die Hülle zu Kleidungsstücken, bizarren Hüten und Handtaschen umgebaut. Die Koreanerin Nabi Nara schlägt Burkas für Männlein und Weiblein vor, die etwa bis zum Nabel reichen.

Ironie und Witz werden in der Ausstellung "WM Wird Weiblich" von historischen und sportpolitischen Fakten konterkariert. DFB-Präsident Theo Zwanziger rang sich etwa ein Vorwort für den Katalog ab, regt an, "das Weibliche im Fußball zu entdecken". Und er entschuldigt sich zwischen den Zeilen, dass man so instinktlos war, den deutschen Frauen, die 1989 Fußlall-Europameister wurden, lediglich ein 24-teiliges Kaffeeservice zu kredenzen - das die meisten gleich an ihre Mütter weiterreichten.

Wenn die Spielerinnen in diesem Jahr Weltmeisterinnen werden, winken 500 000 Euro Prämie. Es hat sich ohnehin viel verändert, seitdem der DFB nach dem Fußballboom, der auf das Wunder von Bern folgte, den Frauenfußball aus ästhetischen und gesundheitlichen Gründen verbot. Und, so die Historikerin Christina Bab, 1970 wieder zuließ. Mit Auflagen: Kleinere Bälle, kürzere Halbzeiten, Brustschutz. Auch das ist Vergangenheit.

Die Ausstellung zeigt viele Facetten des Sports, porträtiert den feministischen Club FC St. Pauli 1910 und die Torschützenköniginnen Heidi Mohr und Inka Grings, stellt den erfolgreichen Verein Turbine Potsdam vor. Eine Urkunde beweist, dass 1980 in Bad Neuenahr das "größte Damenfußballturnier der Welt" stattfand. Die Damen auf der Urkunde kickten mit hochtoupierten Frisuren.

Frauenmuseum, Im Krausfeld 10; bis 17. Juli. Di-Sa 14-18, So 11-18 Uhr

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