Gehaltsdebatte Bonner Generalintendant antwortet auf seinen Berliner Kollegen

BONN · Klaus Weise, Bonner Generalintendant, hat sich jetzt in eine bizarre Gehaltsdebatte eingeschaltet, die Claus Peymann, Intendant des Berliner Ensembles in Berlin, losgetreten hat, als er in einem Interview mit der Berliner Zeitung freimütig über sein Gehalt sprach: "Ich verdiene etwas über 200.000 Euro brutto im Jahr, inklusive meiner Inszenierungen - und das ist gut so! Ich bin kein zwanzigjähriger Anfänger."

Auf den Kommentar des Interviewers, Theaterkritiker Dirk Pilz, "Ist ja nicht wenig, 200.000 Euro", antwortete der Theaterchef: "Ein Intendant am Bonner Stadttheater bekommt 350.000 Euro. Das hat mich geärgert!" Und das wiederum hat den von Peymann namentlich nicht genannten Weise auf die Palme gebracht, der in Wahrheit "nur" rund 320.000 Euro pro Jahr bekommt.

Spitz bemerkte Weise zur Berliner Breitseite: "Zum einen möchte sich der Generalintendant des Bonner Stadttheaters beim Intendanten des Berliner Ensembles bedanken, da dieser ihm zutraue, mehr zu verdienen als dies tatsächlich der Fall ist." Und außerdem rät er Peymann, "der angetreten ist, 'um Stachel im Arsch der Mächtigen zu sein', prüfen zu lassen, ob er die jährliche 'etwas-über-die-200.000-Euro'-Vergütung aufbessern könne durch Beantragung von Gefahren- und Nachtarbeit-Zulagen."

Denn zweifelsohne handele es sich, so Weise, bei Peymanns Job um eine blutige Tätigkeit, "die - und das kommt erschwerend hinzu - gelegentlich von äußerst unangenehmen Gerüchen begleitet sein kann, vor allem bei Nacht - und schließlich ist das Theater, wie manch anderes Gewerbe auch, ein Nachtgeschäft."

Weise feuert damit eine schwierige Debatte über Intendantengehälter in Deutschland an. Im Berliner Magazin "Tip" meinte Peter Schwenkow, Europas größter kommerzieller Klassikveranstalter: "Gute Intendanten sollten viel verdienen. Ein schlechter Intendant, der einen Etat von 20 oder 30 Millionen verantwortet, kann mit Missmanagement sehr viel teurer werden als ein gut bezahlter, fähiger Opern- oder Theaterleiter."

Schwenkow verweist auf andere Spitzenmanager landeseigener Betriebe in Berlin wie BSR, BVG, Flughafen oder Messegesellschaft. Die verdienen wesentlich mehr als der teuerste Berliner Intendant. Der Geschäftsführer der Messe Berlin habe ein Jahresgehalt von 463.000 Euro.

Ulrich Khuon, Intendant des Deutschen Theaters in Berlin, etwa will sich gehaltlich nicht mit Politikern wie dem Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit vergleichen, der rund 150 000 Euro jährlich bekommt: "Ich würde mein Gehalt eher mit dem eines Chefarztes vergleichen; es liegt vermutlich noch deutlich darunter. Und in dieser Relation finde ich mein Einkommen angemessen."

Der Bonner Generalintendant Weise - Leiter eines Dreispartenhauses - bewegt sich mit seinem Gehalt in der Spitzengruppe deutscher Bühnenchefs. Sein Nachfolger Bernhard Helmich soll deutlich weniger bekommen. "Rund die Hälfte", wie der GA unlängst hinter vorgehaltener Hand von offizieller Seite erfuhr.

Eine konkrete Summe war nicht herauszubekommen. Derlei Zahlen werden gewöhnlich streng geheim gehalten, es sei denn, es gibt Ärger etwa bei Vertragsverlängerungen wie jetzt in Frankfurt: Schauspielintendant Oliver Reese verdiente bislang 200.000 Euro pro Jahr, hat aber gerade einen neuen Vertrag ausgehandelt, durch den er bis 2017 in Stufen auf "240.000 plus X" kommt. Ein Vertreter der "Linken" fand das "in Zeiten des Sparens vollkommen abstrus".

In Stuttgart waren vor einem Jahr vom Landesrechnungshof und dem Bund der Steuerzahler "deutlich überhöhte" Bezüge des kulturellen Spitzenpersonals gerügt worden. Demnach kassierten die vier Intendanten und der Generalmusikdirektor der Stuttgarter Staatstheater 2008 jeweils zwischen 173.000 und 240.000 Euro - addiert fast eine Million Euro. Während mancher in Stuttgart gleich nach Transparenz bei den Spitzengehältern rief, gab es aber auch Bedenken, sollte Baden-Württemberg mit der Transparenz einseitig vorpreschen. Das würde interessante Leitungs- und Künstlerpersönlichkeiten abschrecken und vergraulen, befürchten Kulturpolitiker des Landes.

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