Bonner Künstler öffnen ihre Ateliere

Tuscheschaum, nylonwattierte Miniröcke und weitere Glanzexperimente am Wochenende in Dorotheenstraße 99 zu bestaunen

Bonner Künstler öffnen ihre Ateliere
Foto: Franz Fischer

Bonn. Kunst ist die flüssige Materie", behauptet Lieve Vanderschaeve und zaubert mit merlinscher Tücke eine abenteuerliche Fiktion, die mit Tuscheschaum ihren Anfang nimmt. Aus Blasen keimen Strukturen, Zellengebilde, aus denen langsam Gestalten wie Fledermäuse, Vampire und eine Art von Homunkulus ebenso wie märchenhafte Berg- und Architekturkulissen wachsen.

Die Elastizität und Dynamik von Kunst untermauern schlussendlich das aus Papierskizzen und übermalten Röntgenbildern hervorgehende Videoepos "Foam" (3D-Grafik, Musik von Koen Vanderschaeve). Das faszinierend prickelnde Fluidum dieser Filmfantasie korrespondiert mit weiteren Glanzexperimenten, die am Wochenende in der Dorotheenstraße 99 zu bestaunen sind.

Ihr Debüt als Atelierhaus-Stipendiatin gibt die Dresdener Meisterschülerin Hannah Schneider. Interessengebiete der 25-jährigen Künstlerin sind Formen und Strukturen; im Zentrum steht "die Menschengestalt im Verhältnis zur Umgebung, zu Gegenständen".

Beachtenswerte Skizzenstudien, kuriose Objekte (etwa nylonwattierte Miniröcke) und Modelle (Propeller) bilden den Vorlauf für die Entwicklung eines starken Drehbuchs, dessen Fortsetzung formanalytisch diktierte Videos oder bizarre Deckenprojektionen sind.

Eine aparte Melange aus bildhauerischer Perfektionsarbeit und markantem Filouwitz beherrscht die von Muyan Ole Lindena (Jahrgang 1978) tranchierten, aus dem deutschen Postwesen stammenden Originalobjekte. Meilenstein ist dabei ein in exakten Intervallen zersägter Briefkasten. Er stellt nunmehr sein ausgetüftelt organisiertes Innenleben und obendrein die für Lindena kennzeichnende Ästhetisierung, Rhythmisierung von profanen, banalen Gegenständen zur Schau.

Heißer Tipp sind darüber hinaus großartige Kommentare zum Thema Natur. Ein spannender Film erzählt von Amely Spötzls empirischem Experiment, an ungewöhnlichen Orten in Amerika offene Blumenspenderkästen zu implantieren. Filigrane Zeichnungen von Feigenblättern schlagen die Brücke zu den naturwissenschaftlichen Rhein-Erkundungen einer Monika Bieber.

Ihr im November 2007 startendes Großprojekt (Fokus: Rheinströmungen) hat unzählige Farbfotodokumentationen, fantastische, gleichwohl penibel wirklichkeitsgetreue Reliefs und neuerlich ein Metallmodell abgeworfen. Und schließlich kann man noch einmal vor Ort in den bezwingenden Gräser-Dschungeln von Cornelia Genschow träumen. Ab dem 7. November residiert die bekannte Malerin in ihrem in der Eifelstraße 22 neu gegründeten "Raum für Kunst und Natur".

Atelierhaus des Bonner Kunstvereins, Dorotheenstraße 99. Offene Ateliers: Samstag, 24. Oktober, 17 bis 22 Uhr (Eröffnung: 19 Uhr), Sonntag, 25. Oktober, 11 bis 18 Uhr.

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