Da ist der Bär los Bonner Theater Marabu feiert 25-jähriges Bestehen

BONN · Das Theater Marabu mit Sitz und Saal auf dem Gelände der Brotfabrik feiert sein 25-jähriges Bestehen am 10. und 11. November mit geladenen Gästen und einem großen Familienfest.

Alles hat einen Anfang. Er braucht nicht einmal besonders spektakulär, er könnte sogar skurril sein. Es könnte zum Beispiel mit einem Juckreiz beginnen, der sich an einem Baum kratzt und dabei wächst und wächst ... bis er sich im Pelz eines Bären wiederfindet, einem zum Glück wirklich netten und offenherzigen Zeitgenossen. Der greift tief in seinen Pelz, entdeckt dort eine Tasche und in dieser Tasche einen Zettel. „Bist du ich?“ steht dort geschrieben.

Gute Frage. Genau das gilt es herauszufinden. Und das haben mit dem 2014 in Tel Aviv veröffentlichten Kinderbuch des israelischen Komponisten, Musikers, Theaterschriftstellers und Regisseurs Oren Lavie schon viele Leser getan: die kleinen, für die er es geschrieben hat, und die großen, die ihnen daraus vorlesen. Mag sein, dass der Bär sie auf der Suche nach seiner Identität und in der Freude der (Selbst-) Erkenntnis dazu inspiriert, die gewohnte Welt mal aus anderer Perspektive zu betrachten; freundlich, neugierig, gelassen.

Harry Rowohlt hat die Geschichte ins Deutsche übersetzt, und Claus Overkamp hat 2017 am Theater Marabu ein 40-minütiges audiovisuelles Theaterstück für junge Zuschauer ab vier Jahren daraus gemacht. Realisiert wurde die Produktion in Zusammenarbeit mit dem Beethovenfest Bonn, dem Jungen Nationaltheater Mannheim, der Hochschule für Musik und Tanz in Köln und der Alanus Hochschule in Alfter bei Bonn.

Seitdem ist besagter Bär unterwegs, hat dem Theater Einladungen zu Festivals von Berlin bis München sowie im Mai 2018 eine landesweite Auszeichnung beim „Westwind“-Theatertreffen NRW in Köln beschert und steht - selbstredend - auch beim Familienfest zum 25-jährigen Bestehen des Marabu am Sonntag, 11. November, auf der Bühne. Einfach durch das Tor der Brotfabrik in der Kreuzstraße durch und auf dem Gelände ganz nach hinten bis zum Theatersaal gehen. Gefeiert wird dort auch schon am Samstag, 10. November; mit geladenen Gästen, Freunden, Förderern, Kulturschaffenden und Kulturpolitikern. Und mit dem Jungen Ensemble Marabu, das an diesem Abend seine neue Inszenierung „Into outer Space“ zeigt.

1993 haben Tina Jücker und Claus Overkamp das Theater gegründet. Ihr Ziel - damals wie heute? Ästhetisch außergewöhnliche und anspruchsvolle Produktionen für ein junges Publikum. Und das in einem mit 100 bis maximal 120 Plätzen in voller Absicht überschaubaren Saal, der der unmittelbaren Wirkung der Stücke und einer vertraut-familiären Atmosphäre den Vorzug vor 500 verkauften Tickets gibt. „Schreimutter“, „Frau Meier, die Amsel“ und „Ein Schaf fürs Leben“ sind drei der professionellen Inszenierungen in der laufenden Spielzeit. Das Archiv auf der Homepage kennt jedoch noch weit mehr. Und für die nächste Premiere ist der Countdown bereits angezählt: Am Samstag, 27. Oktober, startet „Ein Hund namens Laika“ von Tina Jücker, Bene Neustein und Claus Overkamp ins All.

Stücke werden auf internationalen Festivals gezeigt

In Teamarbeit, wie die beiden Gründer und Leiter gutes Theater verstehen. „Wir wären nicht 25, wenn es all diese Leute hinter der Bühne nicht gäbe. Dazu die Freunde, unsere Kooperationspartner wie das Beethoven Orchester Bonn, das beim Stück „Der kleine Onkel“ mit dabei war, die Förderer und vor allem das Publikum“, zählt Jücker auf. „Doch es es könnte auch gut sein, dass wir außerhalb Bonns noch viel bekannter sind als hier“. Wenn es mit dem „MaraBus“ auf Tournee geht, wenn die Stücke auf nationalen und internationalen Festivals gezeigt werden.

Seit nunmehr 18 Jahren kommt dazu die Arbeit mit dem Jungen Ensemble Marabu (JEM). Jugendliche und junge Erwachsene entscheiden sich gemeinsam für ein Thema und erarbeiten die Umsetzung ihres Stoffes für die Bühne. Begleitet und unterstützt werden sie dabei von den Profis im Haus, die ihnen dabei aber ganz bewusst recht freie Hand lassen. „Wir selbst profitieren schon sehr von diesen Erfahrungen“, sagt Overkamp.

„Denn die Theaterarbeit mit Laien ist emotional noch einmal etwas ganz anderes. Sehr intensiv, sehr persönlich.“ Zudem habe sich die Erzählweise des Theaters in diesen 18 Jahren spürbar verändert. Und das Junge Ensemble spiegele genau diese Entwicklungen wieder. Es dient seinerseits als Sprungbrett, entlässt junge Schauspieler und Regisseure ins Berufsleben.

Zum Jungen Ensemble zu gehören, ist - so ergänzt Jücker - „aber auch eine Herausforderung. Auf der Bühne abliefern; egal, was in der Schule oder privat gerade läuft.“ Das bedeutet, Verantwortung zu übernehmen, beim Auf- und Abbauen da sein, sich um den Einsatz von Licht, Ton und Videos Gedanken machen, Kostüme waschen für die nächste Aufführung. Das heißt, „sich zeitlich festzulegen.“ Rund 15 Monate stehen Produktionen des JEM auf dem Spielplan. „Das ist schon eine Entscheidung für einen in diesem Alter doch ziemlich langen Zeitraum.“

Ein Wunsch für die Zukunft

Aber es ist, wie die Geschäftsführerin Marabu Projekte Christiane Müller-Rosen erklärt, auch etwas, worauf sich die Jugendlichen schließlich bereitwillig einlassen. „Viele erzählen, dass sie ihren Freundeskreis durch das Theater komplett gewechselt haben. Sie setzen sich intellektuell mit Themen auseinander. Sie lernen, Kritik zu üben, Position zu beziehen und ihre Meinung offen zu vertreten.“

Durchaus keine Selbstverständlichkeit, wie Tina Jücker findet. Sie stelle heute bei manchen Jugendlichen mitunter eine gewisse Orientierungslosigkeit fest. Wenn die Option, alles tun zu können, Druck mache, all das auch können zu müssen. „Die Welt ist komplex. Doch mit seiner eigenen Wahrnehmung zu spielen, kann auch Spaß machen. Das JEM soll dafür ein Forum sein, aber dabei durchaus Mut zur Lücke zeigen.“ Man müsse nicht alles aussprechen, nicht jede Facette eines Themas auch zeigen. „Wir vertrauen unseren Zuschauern. Das gilt besonders für die Jüngeren.“

Inzwischen gibt es auch das Kinder Ensemble Marabu, (KEM). Unter Leitung von Theaterpädagogin Melina Delpho, die das Team seit Mitte 2017 unterstützt, soll es regelmäßig spielen. „Ich habe ein Jahr gebraucht, um durchzublicken, was hier auf welche Weise funktioniert“, zieht Delpho halb scherzhaft Bilanz. Neu im Programm ist das Pfingstprojekt, bei dem der Nachwuchs die Theaterwerkstatt bei Tag und bei Nacht fast komplett okkupiert.

Und der Wunsch für die Zukunft? „Eine große Produktion mit KEM, JEM und den Profis wäre schön.“ So wie es sich auch die Ehemaligen bei der Marabu Familien- und Geburtstagswanderung Anfang September gewünscht haben.

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