GA-Serie "Junge Kritikerwerkstatt" Brecht in den Kammerspielen: "Es hätte ewig so weitergehen können"

Junge Kritikerwerkstatt im General-Anzeiger: Ein hinreißender Brecht-Abend in den Kammerspielen

 Maria Munkert und Arne Lenk.

Maria Munkert und Arne Lenk.

Foto: Lilian Szokody

In der Serie "Junge Kritikerwerkstatt" möchten wir junge Menschen einladen, unsere Artikel durch ihre eigenen Eindrücke und Einschätzungen zu ergänzen. Konkretes Beispiel: Ein Redakteur und ein junger Kritiker besuchen gemeinsam eine Theateraufführung. Daraus entstehen zwei Texte. Nach diesem Muster sollen Texte aus allen Bereichen der Kultur entstehen. Für diese Folge haben GA-Redakteur Dietmar Kanthak und Inga Hagedorn den Brecht-Abend "Liebe, das ist leicht gesagt" in den Kammerspielen besucht.

In Bertolt Brechts "Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny" heißt es: "Erstens, vergesst nicht, kommt das Fressen / Zweitens kommt der Liebesakt." Die Liebe war das Thema Nummer eins in dem Brecht-Abend "Liebe, das ist leicht gesagt" in den Kammerspielen Bad Godesberg. Brecht, der große Frauen-Versteher und gewiefte Frauen-Verführer (und Mega-Macho), war ein Experte auf diesem Gebiet.

Ihm war in Liebesdingen nichts Menschliches fremd, im Ausdruck seiner Erfahrungen und Erkenntnisse ging der Poet sprachlich bis an die Grenzen; Brecht war auch ins Obszöne verliebt. Thomas Goritzki (Regie) und Michael Barfuß (Musikalische Leitung) haben Songs und Texte von BB ausgewählt.

Dank der Schauspieler und Sänger Susanne Bredehöft, Maria Munkert, Nina Tomczak und Arne Lenk und dank der fabelhaften Musiker Martin Morgenstern, Lothar von Staa, Ebasa, Wolfgang Engelbertz und Klaus Mages wurde es ein hinreißender Abend. Die einen erschufen Beziehungswelten, brachten pralles Leben, Poesie und gut dosierte Melancholie auf die Bühne.

Die anderen lieferten den perfekten Brecht/Weill-Sound: mit pulsierendem Schönklang und scheppernden Dissonanzen. Einzige Requisiten: ein Baum und ein langes Sofa. Es braucht manchmal nur wenig, um große Kunst hervorzubringen.

Tempo und Temperament gab es von Anfang an - und die Magie der Worte. Das Gedicht "Erinnerung an die Marie A." entfaltete seinen zartbitteren Zauber. Maria Munkert war eine wunderbare "Dreigroschenoper"-Polly und kam zu der berühmten Einsicht, als der Richtige kam: "Ja, da muss man sich doch einfach hinlegen." Susanne Bredehöft färbte "Surabaya Johnny" ganz dunkel ein.

Nina Tomczak glänzte mit einem anrührenden "Bilbao-Song". Arne Lenk war in Wort, Bild und Ton unwiderstehlich: ob mit Brechts "Fragen", als beredter Trinker oder als Vorsänger: "Oh, show us the way to the next whisky bar!" Es hätte ewig so weitergehen können, aber nach 90 aufregenden Minuten war Schluss. Dabei heißt es im Song von Mandelay: "Liebe, die ist doch an Zeit nicht gebunden."

Dietmar Kanthak

Die nächste Aufführung: 29. April, 5. und 25. Mai. Karten: unter anderem in den Ticketshops des General-Anzeigers und bei bonnticket.de

Als ich die Einladung für den Besuch des Bertolt-Brecht-Abends ,,Liebe, das ist leicht gesagt'' annahm, hatte ich keinerlei Vorstellung davon, was mich dort erwartet. Ich kannte Brecht aus meinen "Darstellen und Gestalten"-Kursen" an der Bertolt-Brecht-Gesamtschule, doch hatte ich ihn noch nicht mit dem Thema Liebe in Verbindung gebracht.

Nun saß ich da im Zuschauerraum und ließ die Texte und Lieder auf mich wirken. Erst in der Mitte der Vorstellung fand ich den ,,roten Faden'' und erkannte die geschickte Zusammenstellung der einzelnen Stücke. Ich wurde immer neugieriger auf die vielen Aspekte zum Thema Liebe.

Es war ein Liederabend, den sich sicherlich nicht jeder angucken würde, wenn er wüsste, was auf ihn zukommt. Die Fakten wurden klar und deutlich auf den Tisch gelegt: Liebe, Begierde, Enttäuschung, Prostitution... dahinter kann sich mancher Sexualkundeunterricht verstecken.

Zwischendurch musste ich echt grinsen, als ich mir vorstellte, was in den Köpfen der vielen grauhaarigen Zuschauer gerade vorgeht. Die Schauspieler und Musiker fesselten mich von Anfang an. Drei Frauen und ein Mann spielten verschiedene Charaktere, die sie durch ihre ausgeprägten und hochwertigen Stimmen gut und glaubwürdig zur Geltung brachten.

Mit ihrer Bühnenpräsenz und der deutlichen Sprache füllten sie die Bühne und den Zuschauerraum bis in die letzte Reihe. Sie bespielten die wenigen Requisiten so vielfältig, dass es nicht langweilig wurde, einen Baum und ein langes rotes Sofa den ganzen Abend über anzuschauen. Schauspieler und Musiker strömten so eine Freude an ihrer Zusammenarbeit aus, dass es Spaß machte, ihnen von Anfang an zuzuhören und zuzusehen.

Inga Hagedorn

Wer Interesse hat, an unserer Serie teilzunehmen, melde sich bitte per E-Mail unter junge-kritikerwerkstatt@ga.de oder telefonisch unter (0228) 6688444.

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