Bücher sind Gärten der Worte

Bonner Autoren verwandeln sich im Mittelmeerhaus in Nymphe, Venus und Prometheus

Bonn. Schon als der Kölner Kurfürst noch in Bonn residierte, befanden sich Gärten an der Stelle, wo heute die Botanischen Gärten liegen. Die Hofgesellschaft der Frühen Neuzeit traf sich dort zu Abenden, an denen die Vortragenden die Rollen von symbolträchtigen Gartenfiguren übernahmen, welche die Gärten schmückten.

Anknüpfend an diese Tradition veranstaltete der Freundeskreis Botanische Gärten der Universität Bonn jetzt eine Autorenlesung mit dem Thema "Bücher sind Gärten der Worte" im Mittelmeerhaus der Botanischen Gärten. Die Moderation übernahm Friederike Wappenschmidt die, gemäß der Tradition, jeden Autor als eine Gartenfigur vorstellte.

Hildegard Moos-Heindrichs ist die Quellnymphe, weil sie in einer alten Wassermühle lebt. Sie liest Gedichte unter dem Titel "Sumpf und Wasserpflanzen" vor. Darin schildert sie humorvoll, wie sich die Pflanzen in einem Sumpf über das Jahr entwickeln. Mit singender Stimme erzählt sie von Schlangenwurz und Blumenkresse, und Algen sind für sie Nymphenhaar.

Lili Stollowski ist von Beruf Hebamme und dementsprechend an diesem Abend Demeter, die Göttin der Fruchtbarkeit. Sie widmet sich dem Pantoffeltierchen und berichtet augenzwinkernd, welche Gefahren dem neugeborenen Einzeller in seiner Pfütze drohen. Ein durstiger Hund, der das Pantoffeltierchen mitsamt Wasser in seinen Bauch befördert, ist dabei erst der Anfang der Verwicklungen.

Um den Zauber eines persischen Innenhofs geht es bei Ingrid Stoll, der Felsnymphe Echo. Ihre Worte gleichen einer warmen Sommerbrise, wenn sie schildert, wie eine junge persische Frau über Liebe und Freiheit nachdenkt. Wolfgang Kubin, an diesem Abend kein Geringerer als Prometheus, erzählt in "Halbzeit der Liebe" von einer Reise nach China.

Er schildert das Schicksal eines alten Sommerpalastes, der von Italienern erbaut, von Briten und Franzosen zerstört und von Japanern geplündert wird. Doris Distelmaier-Haas als Venus, führt den Zuhörer in ihrer Erzählung durch die Räume einer Blumenfabrik. Stichpunktartig und hektisch beschreibt sie die Vielzahl von Eindrücken, die auf die Besucherin der Fabrik einwirken.

Angelehnt an eines seiner Gedichte, tritt Ludwig Verbeek als Windgott Zephyr auf. Bei ihm geht es, ganz aktuell, um den Klimawandel. In tragikomischem Tonfall fragt er sich, ob Kondensstreifen dem Klimawandel nützen und warum Schlehen heute nicht mehr süß schmecken.

Monika Lamers, die Gartengöttin Minerva, erinnert sich an "Onkel Bens Garten". Für den Onkel ist der Garten der einzige Ort, an dem er der Tyrannei der Welt entfliehen kann. Zum Abschluss entführt der Schmuckeremit Jürgen August Alt die Zuschauer in seiner Zaubershow in den Garten der Magie.

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