Bundeskunsthalle zeigt beeindruckende Klassiker

Die Kunsthalle Bielefeld ist mit 120 Werken zu Gast in der Bonner Bundeskunsthalle. Darunter sind Klassiker der Moderne wie Picasso, Kirchner, Macke und Warhol.

Edvard Munch, links im Bild, blickt ungläubig auf die Idylle der "Dorfstraße in Kargero" (1911-1913).

Edvard Munch, links im Bild, blickt ungläubig auf die Idylle der "Dorfstraße in Kargero" (1911-1913).

Foto: Bundeskunsthalle

Bonn. Wer sehen möchte, was mit Backpulver, mäzenatischem Engagement und viel Instinkt auf dem Feld der Kunst möglich ist, wird in der Bundeskunsthalle ins Staunen kommen. Die Institution hat die Kunsthalle Bielefeld mit rund 120 Werken zum Gastspiel unter dem Titel "Arp, Beckmann, Munch, Kirchner, Warhol ... Klassiker in Bonn. Die unbekannte Sammlung aus Bielefeld" eingeladen.

So unbekannt sind die 223 Kilometer entfernten Schätze nicht, aber bemerkenswert ist das ostwestfälische Kleinod allemal: Die mächtige, nicht unumstrittene Familie Oetker legte mit fein dosierten, hochkarätigen Schenkungen und Leihgaben die Qualitätslatte hoch und spendierte den Museumsbau von Philip Johnson.

Kommentar Lesen Sie dazu auch " Und jetzt Bielefeld"Großzügige Sponsoren und clevere Museumsdirektoren bauten für das klamme Haus, das seit 1996 über keinen Ankaufsetat mehr verfügt, eine ansehnliche Sammlung auf. Mehr noch: Es gelang teilweise, die durch die Nazi-Aktion "Entartete Kunst" verlorenen Abteilungen zu rekonstruieren.

Die Schau, die außer der Chronologie keinen roten Faden, dafür etliche Schwächen und Längen hat, startet ungeheuer stark mit einem Ensemble der frühen Moderne: Der junge Picasso mit seiner berühmten Radierfolge der "Saltimbanques" an der Nahtstelle von der Blauen zur Rosa Periode und einem bronzenen Harlekinkopf (1905) trifft auf Rodins atemberaubendes Marmor-Porträt der Eleonore Duse, "La douleur" (1904).

Außerdem dabei: Max Beckmanns kompaktes Spätwerk "Mutter mit spielendem Kind" (1946). Hier wird die Philosophie der Bielefelder spürbar, nicht enzyklopädisch zu sammeln, sondern nach Meisterwerken Ausschau zu halten, was insbesondere in der Moderne noch gelang.

Auf den so qualitätvollen wie facettenreichen Auftakt folgt ein Feuerwerk der Malerei aus den ersten beiden Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts: Ein Walchenseebild von Corinth, Munchs "Dorfstraße in Kragero", ein ungewohnt düsterer Pierrot von Macke und Farbexperimente der Delaunays leiten über zu einem Best-of des Expressionismus. Mit ausgezeichneten Arbeiten von Heckel, Mueller, Kirchner, Nolde und Schmidt-Rottluff stehen die Bielefelder gut da. Und nicht nur vielen Bonner Schulklassen stünde es gut an, sich diesen starken Auftakt anzusehen.

Der weitere Parcours zerfasert etwas. Glücklos wird noch versucht, ein Kapitel "Bauhaus und Surrealismus" mit späten Arbeiten anzubieten. Dann zerfällt das Jahrhundert in Solitäre und Gruppen. Unbedingt sehenswert: Yoko Onos und John Lennons Videoinstallation mit New Yorker Fliegen, die einen Frauenkörper erkunden, ein Terzett früher Baselitz-Bilder, Anselm Kiefers "Waterloo"-Werk als schöner Link zur Napoleonschau im Erdgeschoss.

Robert Longo zeichnete 1996 seinen Magellan-Zyklus, ein Tagebuch voller Eindrücke aus der Medienwelt, insgesamt 366 Blätter. 32 eindrucksvolle Werke aus dieser Serie sind zu sehen. Außerdem ein grelles Ensemble aus Schüttes gelbem Keramikhund, Brandls rustikalem Landschaftspanorama, das er 2007 bei der Biennale in Venedig zeigte, und einer gleichsam verlöschenden, wunderbar zwischen Sepia und Altrosa changierenden Arbeit von Tillmans, "Silver 50".

Von diesem Farbenrausch sollte man direkt zu Sugimoto gehen: Der Japaner hat einen ganzen Raum mit Schwarz-Weiß-Fotos bespielt, zeigt Architekturklassiker wie im Traum, leere Kinoleinwände für unsere Projektionen und erklärt uns mit alten Dioramen die Welt. So stark endet der nicht immer befriedigende Bielefelder Parcours - im Sauseschritt durch ein Jahrhundert Kunst.

Bundeskunsthalle, Friedrich-Ebert-Allee 4; bis 27. März, Di-Mi 10-21, Do-So 10-19 Uhr. Katalog (Richter Verlag) 39 Euro. Freitag, 15 Uhr: Diskussion mit Arend Oetker, Thomas Kellein und Robert Fleck. Information: (0228) 9171263

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