Ausstellung zum 15. Dorothea von Stetten-Kunstpreis Charmant bis humorvoll

BONN · And the winner is ..." wird es Mittwochabend im Kunstmuseum heißen. Klingt nach Oscar-Verleihung und hat auch Ähnlichkeit damit. Vielleicht eine Spur provinzieller, aber das tut der hohen Qualität des Preises keinen Abbruch.

 Phänomene der Natur: Nina Canell lässt Kugeln über grob gezimmerten Sockeln schweben.

Phänomene der Natur: Nina Canell lässt Kugeln über grob gezimmerten Sockeln schweben.

Foto: von Schoenebeck

Zum fünfzehnten Mal wird der Dorothea von Stetten-Kunstpreis verliehen, zum ersten Mal mit Überraschungseffekt. Wer wollte es der Jury verdenken, dass sie ihre Entscheidung - es heißt, es sei hitzig diskutiert worden - mit Spannung garniert.

Die Ausstellung auf exzellentem Niveau mit Arbeiten der fünf nominierten Kandidatinnen hat es in diesem Jahr besonders verdient, dass aus einer schnöden Eröffnung ein "Event" gemacht wird. Vielleicht sogar mit Emotionen, denn immerhin ist der Preis mit 10.000 Euro dotiert.

Fünf Künstlerinnen, alle unter 36 Jahren und international noch nicht bekannt, so ist die konzeptionelle Vorgabe, haben es in die Endrunde geschafft. Bis dahin war der Weg weit, denn eine Eigenbewerbung ist beim Dorothea von Stetten-Preis nicht möglich. Aus einer Gruppe von 15 Künstlern, die jeweils von einem Kurator vorgeschlagen wurden, wählt eine Jury die fünf Nominierten aus.

Wer den Preis erhält, entscheidet sich erst beim Rundgang durch die fertig aufgebaute Ausstellung. Nur eine Feinheit im Ablauf zwar, sie gibt jedoch der Jury die Möglichkeit, das Vermögen (oder Unvermögen) der Nominierten, die musealen Räume eindrucksvoll zu bespielen, in ihre Bewertung mit einzubeziehen. In dieser Hinsicht hat Kathrin Sonntag (Berlin) vermutlich besonders punkten können.

Sie wählte den kleinsten der acht Ausstellungsräume, ließ ihn leicht abdunkeln und durch die Fenster von der gegenüberliegenden Museumswand mit großen Scheinwerfern bestrahlen.

Das Licht bescheint nun ein Arrangement aus farbigen Folien, Scherenschnitten, Fotos und Gegenständen, die sich in surrealistischer Art jeder eindeutigen Aussage entziehen. Kathrin Sonntag inszeniert ein raffiniertes Spiel aus Illusion und Konstruktion und fragt nach Vorbild und Abbild.

Nina Canell (Berlin) hat im größten Raum ihr zartes Netz an fragilen Eingriffen gesponnen. In ihren Skulpturen kanalisiert sie die flüchtigen Phänomene der Natur wie Elektrizität oder Magnetismus. Aus einem alten Kofferradio wachsen metallene Fäden, die sich über die Decke im Raum ausbreiten. Ein Kratzgeräusch sendet das Radio immer dann, wenn das elektromagnetische Feld der Umgebung sich verändert.

Erika Hock (Düsseldorf und Gent) beschäftigt sich derweil mit Architektur, modernem Design und deren Geschichte. In der Arbeit "call for colour", die Fotos von Theatergebäuden mit farbigen Flächen in Verbindung bringt, stand Bruno Taut und dessen Forderung nach Farbe an Innen- und Außenwänden Pate. Den Pavillon, berühmt geworden durch Mies van der Rohes Barcelona-Pavillon, greifen die "Shifters" auf.

Die mit Seidenstoff bespannten Rahmen spielen auf die Wandelbarkeit und Funktionalität von moderner Architektur an. Rückbezüge in der Geschichte der Kunst, insbesondere der Fotografie, gibt es auch bei Laura Bielau (Leipzig). Etwa wenn die Künstlerin als Anspielung auf die erotische Aktfotografie für eine Fotoserie Table-Tänzerinnen einlud, um in ihrer Dunkelkammer mit verschiedenen Utensilien aus dem Labor vor der Kamera zu posieren.

Herausragend - und auf jeden Fall preiswürdig - präsentiert Katinka Bock (Paris und Berlin) ihre Arbeiten. Ob das der Balanceakt von drei Zitronen und einem Metermaß an einem hängenden Stahlprofil ist, ein dicht um die Wand gezogenes Zinkband, das einen blauen Ball unter sich drückt oder das stehende körperhafte Holzstück inmitten eines wolkig und durchscheinend aufgetragenen (und nicht fixierten) Sandbodens.

Ihre Werke haben eine überraschende Präsenz, wirken charmant bis humorvoll und dabei äußerst präzise. Da will man gerne in alle möglichen Fragen einsteigen.

Kunstmuseum Bonn, Friedrich-Ebert-Allee 2, bis 6. Januar 2013, Di-So 11-18, Mi 11-21 Uhr, Katalog 15 Euro. Eröffnung: heute 20 Uhr. Am 2. Dezember führt Stefan Gronert um 11 Uhr durch die Schau.

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