„Tango unterm Regenbogen“ im Kleinen Theater Charmant und ein bisschen frivol

Bonn · Die Komödie „Tango unterm Regenbogen“ feierte im Kleinen Theater Premiere. Das Stück kreist sich um die bürgerliche Doppelmoral.

 Eine Szene aus „Tango unterm Regenbogen“ im Kleinen Theater Bad Godesberg.

Eine Szene aus „Tango unterm Regenbogen“ im Kleinen Theater Bad Godesberg.

Foto: Patric Prager

Tango – das ist Verlangen, Leidenschaft, Verdacht, Eifersucht, Hass, Schmerz. In genau dieser Reihenfolge schafft es Anne in einer knappen Viertelstunde, aus heiterem Himmel eine handfeste Ehekrise zu provozieren.

Reichlich beschwipst mit ihrem Gatten Martin von der Feier ihres siebten Hochzeitstags bei Freunden heimgekehrt ins bürgerliche Wohnzimmer, scheint alles auf ein zärtliches Finale im Bett zuzulaufen. Doch was wie ein lustvolles verbales Vorspiel beginnt, wird zum ehelichen Desaster. Ihre liberale Freundin Juliane, Verfechterin offener Beziehungen als Garantie für ein glückliches Eheleben, hat voller Stolz vom Coming-out ihres Sohnes Simon berichtet. Obwohl wirklich nichts darauf hindeutet, hat Anne plötzlich die fixe Idee, Martin sei schwul. Dabei vergöttert der seine Frau, ist hemmungslos treu und keinen außerehelichen Abenteuern zugeneigt. Zugegeben: Sein Hass auf die Schwiegermutter ist weit überdurchschnittlich, seine Witze sind nicht sonderlich geistreich, und Annes Tanzbegeisterung teilt er nachdrücklich nicht. Bei Annes insistierendem Verhör kommt dann auch noch eine Jahrzehnte zurückliegende kurze pubertäre Lovestory mit seinem Schulfreund Dominik heraus. Und schon ist Schluss mit der Liebe und der ach so eifrig beschworenen Aufklärung und Toleranz.

Leichthändig gesetzte Pointen, witzige Überzeichnung der klischeehaften Figuren

Um die bürgerliche Doppelmoral kreist die Komödie „Tango unterm Regenbogen“, die am Dienstag im Kleinen Theater ihre Premiere feierte. Verfasst haben das muntere Stück der 2020 mit 83 Jahren verstorbene, bekannte Schauspieler Folker Bohnet und sein in Bad Godesberg geborener Lebenspartner Alexander Alexy.

Manche ihrer eigenen Familienerfahrungen sind in das kleine Drama eingeflossen. Inspirieren ließen die Autoren sich zudem von Carlos Sauras Film „Tango“ (1998), aus dem mehrere Musikstücke zitiert werden. Selbstverständlich darf auch ein Lied des berühmten argentinischen Tango-Erneuerers Astor Piazolla nicht fehlen. Eigentlich sollte Bohnet, der mehrfach im Kleinen Theater zu Gast war, das Werk hier noch selbst inszenieren. Nun hat Theaterchef Frank Oppermann (Regie, Bühne, Kostüme) es auf die Bühne gebracht.

Charmant, ein bisschen frivol mit leichthändig gesetzten Pointen, witziger Überzeichnung der klischeehaften Figuren und vor allem im zweiten Teil mit eleganten Tangonummern, die Patrick Scheurer von der Bonner Tanzschule Lepehne-Herbst den Schauspielern auf den Leib choreografiert hat. Angeregt auch von der argentinischen Queer-Tango-Szene, die die traditionellen Geschlechterrollen aufbricht und unter dem Zeichen des Regenbogens neue Ausdrucksformen dieses Tanzes erprobt. Die Produktion wurde übrigens unterstützt vom Konsulat der Republik Argentinien in Bonn.

Nächste Vorstellungen bis zum 29. Mai fast täglich um 19.30 Uhr, an mehreren Sonntagen um 15.30 Uhr. Kartenreservierungen unter Tel. 0228/36 28 39. Spielplaninfos und Tickets online unter www.kleinestheater.eu

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