Konzert in Köln Cher begeistert 15.000 Zuschauer in der Lanxess-Arena

Köln · Cher ist am Samstagabend vor 15.000 Zuschauern in der ausverkauften Lanxess-Arena in Köln aufgetreten. Anderthalb Stunden lang bewies die 73-jährige Sängerin, dass sie noch immer ein Gesamtkunstwerk ist.

 Cher war auf ihrer "Here We Go Again"-Tour in Köln zu Gast.

Cher war auf ihrer "Here We Go Again"-Tour in Köln zu Gast.

Foto: Thomas Brill

Und was macht Eure Oma heute Abend?“ Es ist einer dieser typischen Witze, mit denen Cher sich über ihr Alter lustig macht – auch wenn sie bei ihrer Show in Köln zugibt: „Ich hasse es, über mein Alter zu reden – und ich hasse Frauen, die behaupten, man fühle sich besser. Bullshit!“ Aber wenn man der 73-Jährigen anderthalb Stunden dabei zuschaut, wie sie jetzt am Samstagabend 15.000 Zuschauer in der ausverkauften Lanxess Arena immer wieder von den Sitzen reißt, ist von Zipperlein weder was zu spüren noch zu hören – geschweige denn, etwas zu sehen!

„Here We Go Again“ nennt sie ihre aktuelle Tour in Anlehnung an den zweiten Mamma-Mia-Film aus dem vergangenen Jahr, in dem sie eine Großmutter spielte – aber was für eine! Und „auf ein Neues“ lautet auch das Motto für einzelne Blöcke und Elemente der Las-Vegas-artigen Show, die in der Arena geboten wird. Manches ist bekannt, auf dem mechanischen Elefanten ritt sie schon 2004 indisch ausstaffiert auf die Bühne der Arena, um „All Or Nothing“ zu schmettern. Auch das mittlerweile legendäre Outfit, das 1987 bei „Wetten, Dass?!“ für einen Skandal sorgte, kommt wieder zum Einsatz – natürlich ohne die seinerzeit zwangsverordnete schamhafte Schärpe.

Immer noch ein Gesamtkunstwerk

Denn: Cher verkaufte sich immer schon als Gesamtkunstwerk. Wo es bei anderen reicht, die bekanntesten Songs zu singen, sind ihre spektakulären, wie immer von Bob Mackie entworfenen Outfits ebensolche Evergreens, die – entweder eins zu eins oder variiert – einfach dazugehören. Und die interessanterweise komplett zeitlos sind.

Da gehört es auch dazu, dass sie von den 90 Minuten doch gefühlt arg viel Zeit hinter der Bühne verbringt, um sich neu auszustaffieren. Ebenfalls fester Bestandteil sind in diesen Momenten Video-Rückblicke auf ihre musikalische und ihre Filmkarriere. Doch es gibt kein Kostüm, bei dem sich das Warten nicht lohnte. Bei manchen – etwa der „Sonnenkönigin“ – hätte man sich gewünscht, es länger als nur einen Song lang genießen zu dürfen.

Doch wenn sie auf der Bühne steht, ob allein mit ihrer siebenköpfigen Band oder umrahmt von ihren zehn Tänzerinnen und Tänzern, sind alle Augen auf sie gerichtet. Und alle Ohren. Denn auch wenn sie nicht über die wandlungsreichste aller Stimmen verfügt, diese setzt sie exzellent ein. Während sie Disconummern wie „Woman’s World“ oder „Strong Enough“ zugewummern, lässt sie bei 80er-Rock wie „I Found Someone“ , „If I Could Turn Back Time“ oder der Ballade „After All“ ihr Timbre strahlen. Marc Cohns Elvis-Tribut „Walking in Memphis“, das sie in den 90ern gecovert hat, gerät zu einem der musikalischen Höhepunkte des Abends.

Im Anschluss an den „Mamma Mia“-Film veröffentlichte sie ein komplettes Album mit ABBA-Hits – kommerziell erfolgreich, künstlerisch allerdings halbgar. Doch im Konzert sorgt der Block mit „Waterloo“, „S.O.S.“ und „Fernando“ für sicherlich die ausgelassenste Stimmung – und wird dabei nur knapp vom finalen „Believe“ übertrumpft. Kein Wunder, wer sich zu diesem Zeitpunkt noch nicht von dem Charme und der Herzlichkeit dieser Frau hat erwärmen lassen, der hätte auch gleich nach den ersten fünf Minuten gehen können.

Moment öffentlicher Schwäche

Doch dann wäre er nicht Zeuge geworden, dass hier nicht nur glatte Perfektion zum Zuge kommt. In einem Monolog erzählt Cher eine Reihe von Anekdoten rund um ihren 40. Geburtstag. Dem besseren Verständnis zuliebe läuft eine deutsche Übersetzung über die Videoleinwände. Doch man merkt schnell: Cher lässt bisweilen ganze Passagen aus und bekommt den Fluss des Textes nicht in den Griff. Man zuckt zusammen – und ist gleichzeitig berührt. Dieses Moment öffentlicher Schwäche, von denen sie sich einige im Laufe ihrer Karriere gegönnt hat, macht sie einmal mehr liebenswert.

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