Chinesisches Feuerwerk in der Kölner Philharmonie

Pianist Lang Lang und das Gewandhausorchester unter Riccardo Chailly zu Gast

Chinesisches Feuerwerk in der Kölner Philharmonie
Foto: Thomas Brill

Köln. Das Jahr 1809 ist unter musikhistorischem Blickwinkel zweifach bedeutend: Joseph Haydn starb, Felix Mendelssohn Bartholdy wurde geboren. Beiden widerfahren jetzt Ehrungen aller Arten, auch in der Kölner Philharmonie.

Das Programm des zweiten Abends mit dem Gewandhausorchester Leipzig unter Riccardo Chailly hatte man bereits im Vorfeld erleben können. Sowohl Arte als auch MDR präsentierten die Leipziger Konzertaufzeichnung vom 3. Februar. Aber live ist allemal besser als Konserve, auch wenn Lang Langs Bubengesicht ohne Kamera notwendigerweise auf Distanz blieb.

Der 26-jährige Chinese, der am 27. März in Bonn ein (bereits ausverkauftes) Beethovenfest-Sonderkonzert bestreiten wird, ist in den Medien ähnlich präsent wie das Paar Netrebko/Villazon. Wenn man sich alleine an die Widergabe des 1. Klavierkonzerts von Mendelssohn hält, sind fraglos Respekt und Bewunderung angesagt.

Lang Lang spielte das Werk emotionsstark, kostete seine lyrische Empfindsamkeit aus, gab ihm virtuosen Charme mit, sparte auch nicht mit pianistischem Feuerwerk, wie es unter anderem bei den Oktavgängen gefordert ist.

Das Gewandhausorchester, das vor einem Vierteljahrhundert unter seinem ehemaligen Chef Kurt Masur Referenzaufnahmen der beiden Klavierkonzerte vorgelegt hat (Solist: Cyprien Katsaris), begleitete ausgesprochen klangschön (Beginn 2. Satz) und mit Verve. Von Chailly war es zudem auf makellose Präzision eingeschworen.

Solche Qualität gipfelte in der "Schottischen" Sinfonie, diesem wahrhaft beglückenden Werk, aus elegischem Moll erstehend und in fesselnder Dur-Apotheose endend. Riccardo Chailly setzte auf belebte Tempi und schlanken Klang, färbte die Musik mit den Farbreizen der Bläser nachdrücklich ein, ließ ihre mit Wagners "Holländer" zu vergleichenden Stürme wirkungsvoll daherbrausen.

Mit der sogenannten "Trompeten-Ouvertüre" erinnerten die Leipziger erfreulicherweise an den unbekannteren Mendelssohn. Gerade für die Ouvertüren, die man auch als sinfonische Dichtungen ansehen könnte, gilt es noch immer zu werben: "Meeresstille", "Athalie", "Heimkehr aus der Fremde". Die Trompeten-Ouvertüre ist sicher kein Geniestreich wie die des "Sommernachtstraums", aber reizvoll und ideenreich, was die Gewandhaus-Musiker unter dem theatralisch furiosen Chailly unterstrichen.

Das Konzert tags zuvor war, schon vom Programminhalt her, natürlich mehr als nur ein Präludium. Anton Bruckners 3. Sinfonie besitzt klangliches, aber auch privatbiografisches Gewicht, ist sie doch dem Idol Richard Wagner ausdrücklich gewidmet. Doch diese Zueignung erfolgte nachträglich, hatte also auf die Gestaltung des Werkes keinen direkten Einfluss.

Selbst der mit seinem Dissonanzenmut radikale Finalsatz taugt nicht zur Beweisführung einer musiksprachlichen Infiltration. Dem erstaunlichen Werk widmete sich Riccardo Chailly mit Feuer und Flamme, gab ihm eine weihevolle, monolithische Aura. Oft atemverschlagend die dynamischen Zuspitzungen.

Auch Ludwig van Beethovens 2. Sinfonie belebte er mit seinem dramatischen Gestus, damit einen zunehmend individuellen Kompositionsstil unterstreichend. Das Orchester zeigte sich flexibel und elastisch.

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