"Zu Gast auf dem Sofa" Claudia Kemfert entlarvte die Mythen um die Energiewende

SANKT AUGUSTIN · Auf dem Sofa hielt Claudia Kemfert nur wenig bei ihrer Präsentation im Rahmen der Reihe "Zu Gast auf dem Sofa", einer gemeinsamen Veranstaltungsreihe von Fachhochschule, Bücherstube Sankt Augustin und dem General-Anzeiger in der Hochschulbibliothek. Das Thema der Professorin war die Energiewende - und dazu entspann sich sehr schnell eine lebhafte Diskussion.

 Die stellvertretende Bibliotheksleiterin Susanne Kundmüller-Bianchini (l.) und Autorin Claudia Kemfert.

Die stellvertretende Bibliotheksleiterin Susanne Kundmüller-Bianchini (l.) und Autorin Claudia Kemfert.

Foto: Holger Arndt

Viele der rund 100 Zuhörer konnten es kaum glauben, als sich Kemfert anschickte, die Mythen der Energiewende zu entlarven. Sie berichtete, dass sie gerade aus Essen komme und dort auf der E-World - einer der führenden Messen zum Thema Energie - noch weiteren Stoff für Mythen bekommen habe. Kemfert teilte den Zuhörern mit, dass sich aktuell in erster Linie eine Stromwende vollziehe. Dabei gehe es um den Atomausstieg und die erneuerbaren Energien. Für Kemfert ein Kampf um Strom, so auch der Titel ihres Buches.

Dass der Strom bei der Energiewende nur rund ein Viertel von dem ausmache, worum es in der Gesamtheit gehe, werde bei der Verbreitung von Stigmata oftmals nicht erwähnt. Zur Energiewende gehörten auch die Mobilität und die Gebäudeenergie.

Das Problem sei aktuell die Überkapazität an Strom, so die These der Professorin und ausgewiesenen Expertin auf dem Gebiet der Energiewende. Sie bezeichnete das mit dem "Zugabteilprinzip". Das Abteil sei bereits voll besetzt mit Braunkohle-, Steinkohle-, Gaskraftwerken und Atomenergie. "Nun kommen die erneuerbaren Energien daher und wollen auch in dem Abteil sitzen", veranschaulichte sie die aktuelle Situation. Das sei nicht gewünscht und nur möglich, wenn ein anderer aufstehe.

Aktuell könne Deutschland sich selbst an einem kalten Wintertag immer noch leicht selbst versorgen. Allerdings sei die Versorgung ungleich verteilt. Im Norden, Osten und Westen der Republik werde zu viel Strom produziert, der Süden hingegen sei unterversorgt.

Deshalb gebe es die aktuellen Debatten um den Netzausbau, denn das Netz muss den Strom, den die Windparks in der Nordsee produzieren, in den Süden transportieren. "Wenn Horst Seehofer das nicht möchte, muss er entweder Strom aus Österreich und der Schweiz kaufen oder eigene Kraftwerke bauen", reagierte die Referentin auf aktuelle politische Entwicklungen.

Auch bezüglich einer Senkung der EEG-Umlage (Erneuerbare-Energien-Gesetz) machte sie wenig Hoffnung. Hier gebe es noch viele Altlasten und Verträge, die zu erfüllen seien. Kemferts Fazit am Ende einer fast zweistündigen Debatte: Die erneuerbaren Energien seien der Sündenbock für vieles.

Info: Claudia Kemfert, "Kampf um Strom - Mythen, Macht und Monopole", 140 Seiten, Murmann Verlag

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