In der Bundeskunsthalle Das British Museum zeigt Welt-Kunst aus zwei Millionen Jahren

Bonn · Es gibt die herrlichen Geschichten über chinesische Touristen, die "Europe in three days" absolvieren und dann sagen, sie hätten alles gesehen. Ein wenig kommt man sich so vor, wenn man das Gastspiel des British Museum in der Bundeskunsthalle besucht hat.

 Diese Maske sollte Toten die Kraft zu sehen geben: In der Ptolemäischen Zeit (305-30 v. Chr) entstand diese Mumienmaske aus Stuck, Leinen und Blattgold.

Diese Maske sollte Toten die Kraft zu sehen geben: In der Ptolemäischen Zeit (305-30 v. Chr) entstand diese Mumienmaske aus Stuck, Leinen und Blattgold.

Foto: Thomas Kliemann

Nur dass hier nicht Europa in drei Tagen auf dem Reiseplan steht, sondern die ganze große Welt in zwei Stunden. Genauer: zwei Millionen Jahre Kunst und Kultur des Erdkreises unter einem Dach. Geht das? Nein. Und doch riskiert das British Museum, das mit sieben Millionen Objekten größte kunst- und kulturhistorische Museum der Welt, mit Hilfe von 250 Exponaten einen Blick aufs Ganze.

Der Besucher betritt die Szenerie durch die Afrika-Tür, wo die Wiege der Menschheit steht, gerät dann in eine Rotunde, von der weitere Türen und Räume abgehen, Naher Osten, Europa, Asien, Amerika, Ozeanien. Sechs Wunderkammern, mit allen Vor- und Nachteilen: Edel und pointiert präsentiert sind hier die Schätze der Kulturkreise, kulinarisch in Halbdunkel getaucht. Der Kontext erschließt sich nicht, und der Besucher vermisst den roten Faden ebenso wie erklärende Legenden an den Objekten. Dafür gibt es Nummern und ein Beiheft für die Lektüre.

Alles folgt der Philosophie der Kuratorin des British Museum, Elisenda Vila Llonch, die dem Besucher Schätze anbieten will, Schätze aus zwei Millionen Jahren. Dass jedes Stück seine Geschichte hat und seinen Kontext mitbringt, tritt in den Hintergrund. Und so wetteifert eine Shiva-Statue aus Kambodscha mit einem Drachen aus der japanischen Edo-Periode mit der Handrolle "Der Garten des Entzückens" aus China und einem wunderschönen lackierten Kästchen aus der koreanischen Choson-Dynastie aus dem 15. Jahrhundert.

Einen Kultur-Quickie gibt es auch in der Europa-Abteilung. Dort startet man mit einem bronzezeitlichen Schild aus Wales und der minimalistischen Statuette einer schwangeren Frau von den griechischen Kykladen (2600-2400 v. Chr.), um dann über einen Betenden aus Zypern und einen über zwei Meter hohen römischen Dionysos zu den Etruskern und ins Mittelalter zu kommen. Das wird mit einigen wenigen Schlaglichtern abgehandelt. Und da kommt schon die Renaissance mit Albrecht Dürers Kupferstich "Heilger Hieronymus", einer Studie von Michelangelo für sein "Jüngstes Gericht" in der Sixtinischen Kapelle und einer prächtigen vergoldeten Tischuhr aus Süddeutschland.

Mit barocken Kostbarkeiten von Rubens und Piranesi setzt die nur wenige Quadratmeter große Europa-Abteilung zum Endspurt an: Der Besucher staunt über einen weiblichen Rötel-Akt von Renoir, einen proletarisch bemalten Revolutionsteller aus der staatlichen Porzellanmanufaktur St. Petersburg und ein schickes, glänzendes Art-déco-Teeset von Jean Puiforcat. Und er fühlt sich ob dieser mutigen und zutiefst verwirrenden Auswahl etwas wie der Verzweifelte auf Edvard Munchs Holzschnitt "Melancholie".

Die einzige Chance, dem Trübsinn zu entrinnen, ist, sich durch Welt und Zeit treiben zu lassen wie einst Sir Hans Sloane (1660-1753). Der war Arzt der königlichen Familie und ein manischer Sammler, den alles interessierte, was Menschenhand geschaffen hat: High and low. Das britische Parlament verfügte den durch eine öffentliche Lotterie finanzierten Ankauf der riesigen Sloane-Sammlung und entschied, ein British Museum zu gründen.

Lässt man sich also treiben, fallen einem die Schätze nur so zu: Ein zwei Millionen altes Schneidewerkzeug aus Tansania etwa; eine ptolemäische Mumienmaske; der mittelbabylonische, in Ton gravierte Brief des Herrschers von Amurru an den ägyptischen Pharao; der wunderbare Alabasterkopf aus dem Jemen, der wie viele Exponate der Schau eine Grabbeigabe war und von einem weltumspannenden prächtigen Totenkult zeugt.

Nicht einmal sechs Zentimeter hoch ist das aus Buchsbaumholz geschnitzte Triptychon einer Kreuzabnahme, das im 16. Jahrhundert in Mexiko entstand. Nur etwas früher ein geschnitzter Kasten der Azteken mit einem mächtigen Regengott im Mittelpunkt. Hier entspinnen sich Korrespondenzen, die man im Rest der Schau oft vermisst.

Kino: "Very British"

Unter dem Motto "Cocktailbar und Kino" bietet die Bundeskunsthalle in Kooperation mit der Bonner Kinemathek eine britische Filmreihe an. Gezeigt werden:

  • "Dr. Seltsam oder: Wie ich lernte, die Bombe zu lieben" (1964) am 5. Dezember
  • Richard Lesters Beatlesfilm "Yeah! Yeah! Yeah! (A Hard day's night)" am 16. Januar
  • Michelangelo Antonionis "Blow Up" am 23. Januar
  • "Frenzy" von Alfred Hitchcock am 30. Januar
  • "Die Verschwörung der Frauen" von Peter Greenaway am 6. Februar
  • "Happy-go-lucky" von Mike Leigh am 20. Februar
  • "The Guard - Ein Ire sieht Schwarz" von John Michael McDonagh am 27. Februar.

Alle Filme beginnen um 19 Uhr und werden von einem Cocktail begleitet. Informationen unter www.bundeskunsthalle.de.

Bundeskunsthalle; bis 7. April. Di, Mi 10-21, Do-So 10-19 Uhr, Katalog 33 Euro

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