Interaktive Grafik zum August Macke Haus Das erwartet Besucher im neuen Museum in Bonn

Bonn · Rund um das historische August Macke Haus entsteht in der Bonner Nordstadt ein neuer Museumskomplex, der am Samstag in Teilen erstmals der Öffentlichkeit präsentiert wird.

Mackes ehemaliges Wohnhaus wird zum biografischen Künstlermuseum umgebaut und mit einer Inszenierung zum Werk und Leben des Malers eingerichtet. Daran anschließend beherbergt der Erweiterungsbau Ausstellungs- und Veranstaltungsräume, einen Museumsshop, Platz für Museumspädagogik, Büros und eine Bibliothek.

Das Haus an der Ecke Hochstadenring und Bornheimer Straße könnte bizarre Geschichten erzählen. Auch beschauliche. Berühmtester Bewohnter war sicherlich der Maler August Macke, der mit seiner Frau Elisabeth und dem kleinen Walter 1911 hier einzog, sich unter dem Dach ein Atelier einrichtete, in dem Macke bis zu seinem frühen Kriegstod den Großteil seines Werkes schuf. "Blickt man aus den Fenstern des hochgelegenen Raumes, so wird die Atmosphäre des Arbeitsraumes Mackes wieder gegenwärtig und lebendig", schreibt der Biograf des Künstlers, Gustav Vriesen.

Und weiter: "Da liegt der neugotische Turm der Marienkirche, das aufsteigende, die Eisenbahngeleise überspannende Band der Viktoriabrücke: Motive, die Macke in seiner ersten Bonner Zeit oft und jedes Mal anders gemalt und gezeichnet hat. Unten liegt der Garten (...) Er war ein Lieblingsaufenthalt Mackes. Dort entstanden viele Blumenbilder." Spielende Kinder, schnüffelnde Hunde an der Laterne: Macke hat diese Alltagsszenen beobachtet und festgehalten. Er selbst schreibt an seinen Malerfreund Franz Marc: "Dieses Bonn ist eine echte Rentnerstadt. Alles sehr still, seriös, unauffällig. Die Gegend, in der wir wohnen, hat viel Anreizendes. Hundemeuten, Reiter und Reiterinnen, Kinder, die sich zerschlagen. Dann sehen einen ringsum die Häuser mit lebendigen Augen an. Mir ist dieser Teil der Stadt ganz außerordentlich lieb."

Weniger idyllisch ist die Geschichte, die das Haus sonst noch erzählen könnte. Nach dem 26. September 1914 - dem Tag, an dem August Macke 27-jährig in der Champagne fiel - änderte sich in diesem Haus, das wenige Jahre Schauplatz einer überbordenden malerischen Kreativität, Treffpunkt für Künstler und Intellektuelle, schließlich emotionaler und familiärer Rückhalt Mackes gewesen war, alles. Seine Witwe Elisabeth war auf sich gestellt mit den beiden "lebhaften Söhnen Walter und Wolfgang" (damals fünf und zwei Jahre alt), wie sie in ihren Erinnerungen schreibt. 1916 heiratet sie Mackes Schulfreund Lothar Erdmann.

Die Familie schlägt sich mehr schlecht als recht durch die Krisenzeit. Erst 1925 klärt sich die Situation. Der Sozialdemokrat Erdmann bekommt einen Chefredakteursposten bei einem Gewerkschaftsblatt. Die Familie zieht nach Berlin. 1933 wird Erdmann von den Nazis verhaftet, dann außer Dienst gestellt. 1939 erneute Verhaftung, Erdmann stirbt im KZ Sachsenhausen 50-jährig nach qualvoller Folter.

Gisela Macke, die Frau von August Mackes Sohn Wolfgang, erinnert sich, dass Mackes Atelier jahrelang unbewohnt war, bis Wolfgang, der in Bonn studierte, 1932 dort einzog. Das Haus selbst sei traurig gewesen, schreibt Gisela Macke. Der Mediziner Dr. Zink habe im Parterre seine Praxis gehabt, der Rest des Hauses sei vermietet gewesen. 1948 zog Elisabeth Macke ins Atelier, wo sie bis 1976 wohnte.

Gisela Macke schreibt über ihre "Oma E.": "Es war sehr gemütlich und die Oma war glücklich darin. Sie hatte einen schönen Blick auf die Marienkirche, auf die belebte Straße und die Viktoriabrücke: Lauter Motive, die August von dort aus gemalt hatte. Sie genoss den Garten." 1978 starb sie. August Macke und sein Wohnhaus in Bonn - Eine Chronik

August Macke selbst war zu jener Zeit weitgehend vergessen, das Haus in einem bedenklichen Zustand. Weil es der Stadt Bonn "an Weitblick und Entschlossenheit" fehlte (wie Margarethe Jochimsen, ehemalige Direktorin des Macke Hauses, beklagte), gingen 1976 nicht nur 78 Skizzenbücher Mackes mit 4000 Zeichnungen und sein gesamter Nachlass für Bonn verloren (sie wanderten ins Landesmuseum nach Münster), sondern 1980 wurde auch noch das 1912 von Macke und Marc an eine Atelierwand gemalte Bild "Das Paradies" abgenommen und ebenfalls nach Münster gegeben. Die Stadt Bonn hatte kein Interesse an den Hinterlassenschaften des berühmten Malers. 1981 wurde das Wohnhaus an einen Besitzer verkauft, der daraus eine Kneipe machen wollte.

Jetzt kommt die rühmliche Geschichte, die dieses Haus erzählen könnte - die auch mit einer publizistischen Offensive im General-Anzeiger einherging. 1988 beschwor Jochimsen dort die kulturpolitische Relevanz: "Bonn kann stolz darauf sein, Wirkungsstätte und Heimat eines Künstlers von solch außergewöhnlichem Format zu sein, wie es stolz ist auf “seinen„ Beethoven." In letzter Minute, bevor dem Macke Haus mit der Spitzhacke der Garaus gemacht werden sollte, fand sich Ende der 1980er Jahre ein Dutzend Bonner rund um Jochimsen für eine bühnenreife Rettungsaktion zusammen, an deren Ende die Renovierung und die Eröffnung des Museums Macke Haus im Jahr 1991 standen.

Zehn Jahre später befand Direktorin Jochimsen, das Haus sei "bis unter die Hohlziegel gefüllt". Nicht das einzige Problem in diesem beengten Museumszwitter, der Ort für Wechselausstellungen und biografisches Künstlermuseum in einem sein wollte. Das sah dann so aus: Kunst hing in kleinen Zimmern, die schon längst nicht mehr jene strengen Standards erfüllten, auf die Leihgeber Wert legen; ein biografischer Schnelldurchlauf durch

Mackes Leben war im steilen Treppenhaus zu sehen. Unterm Dach dann etwas Künstler-Flair im Atelier. Keine idealen Voraussetzungen.

Bald wurde daher über einen Erweiterungsbau nachgedacht, der mit Veranstaltungsräumen, modernen Ausstellungssälen, Museumsshop und Platz für Kunstpädagogik und Büros das historische Wohnhaus entlasten könnte. Dieses sollte dann ein biografisches Künstlermuseum beherbergen. Der Bonner Architekt Karl-Heinz Schommer entwarf einen solchen Erweiterungsbau, der sich L-förmig um Mackes so geschätzten Garten legen sollte. Als nach einigen Mühen und der tätigen Unterstützung engagierter Menschen die Finanzierung gesichert war, wurde der Architekt Thomas Kaldewey aus Lüdenscheid mit der Bauausführung betraut. Unsere Grafik (oben) zeigt links das historische Macke Haus, rechts anschließend den Erweiterungsbau.

Während letzterer in wenigen Tagen begehbar sein wird und unter anderem eine Filmsimulation auf der Homepage des Macke Hauses viele Details zeigt, hüllt sich das Bielefelder Büro Arndt und Selig, das für die Konzeption des Künstlerhauses verantwortlich ist, noch in Schweigen. Von dieser Seite nur so viel: Die Ausstellung soll Mackes Biografie mit der Stadtgeschichte Bonns um 1900 verknüpfen, mit Großfotos, Inszenierungen und Multimediastationen arbeiten. Der Rest solle, so Matthias Arndt, eine Überraschung für den Eröffnungstag am 1. Oktober 2017 sein.

Klara Drenker-Nagels, Direktorin des Hauses, nennt dann doch einige Details des Künstlerhauses. Die Dauerausstellung, dank neuer Leihgaben mit weit mehr Macke-Originalen ausgestattet als zuvor, werde mittels Themenräumen die Biografie des Künstlers umkreisen. Einer wird sich etwa Elisabeth Macke widmen, ihren Tagebüchern und Erinnerungen, den vielen Porträts, die Macke von ihr zeichnete und malte. Virtuell wird Elisabeth per Audio-Guide durch die Schau führen, andere Programme bieten Briefpassagen, Zeitzeugenberichte oder richten sich speziell an Kinder.

Ein Themenraum wird die Rekonstruktion von Mackes Wohnzimmer anhand historischer Fotos zeigen. Die Reisen und kunstpolitischen Aktivitäten des Malers sind Thema, auch seine Militärzeit und der Erste Weltkrieg sowie (im Atelier) das Feld der Aktmalerei. Im früheren Bilderlager unterm Dach werden die Besucher einen Eindruck von der Verbreitung von Mackes Kunst in den Sammlungen und Museen der Welt erhalten. Man werde einen durch Medienstationen vermittelten breiten Überblick von August Mackes Schaffen bekommen, verspricht Drenker-Nagels.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort