Vom 20. bis 24. April Das Kölner c/o pop Festival 2022 wird knallbunt
Special | Bonn/Köln · Nach zwei Jahren digitaler Konzerte bespielt das Kölner c/o pop Festival vom 20. bis 24. April mit mehr als 150 Programmpunkten die Domstadt wieder analog. Zu Besuch in der Festivalzentrale im Stadtteil Ehrenfeld.
Mittlerweile hat es auch den Kölner Stadtteil Ehrenfeld erwischt: Die Gentrifizierung verwandelt zumindest Teile des alternativ-szenigen, multikulturellen Veedels in geglättete, urbane Lifestyle-Quartiere. Kleine, inhabergeführte Läden, originelle Clubs und günstige Wohnungen verschwinden nach und nach. Alleine im Umkreis der Heliosstraße, mit dem Heliosturm als Wahrzeichen Ehrenfelds, haben in den vergangenen Jahren gleich vier angesagte Konzert- und Partylocations für immer ihre Pforten geschlossen – das legendäre Underground, die Papierfabrik, Heinz Gaul und die Werkstatt.
Ein Jahrzehnt lang hatte die c/o pop GmbH ihr Büro an der Heliosstraße. Auch dieses Kapitel ist nun vorbei. „Da war für uns kein Platz mehr“, bringt es Norbert Oberhaus (60), Gründer und Geschäftsführer von c/o pop (steht für „cologne on pop“), auf den Punkt. Trotzdem bleiben er und sein Team ihrem „Ihrefeld“, wie es in der Kölner Mundart heißt, treu. Bloß ein paar hundert Meter weiter, jenseits der S-Bahn, befindet sich seit Kurzem die neue Festivalzentrale.
c/o pop: Vom 20. bis 24. April stehen mehr als 150 Programmpunkte an
Oberhaus, im vorigen Spätsommer vom Kölner Kulturrat als Kulturmanager des Jahres 2021 ausgezeichnet, empfängt an einem sonnig-warmen Nachmittag Ende März zum Gespräch mit dem General-Anzeiger – in einem Teil Ehrenfelds, der nach wie vor ein authentisches Szeneviertel ist. Hier befindet sich noch ein durch und durch sympathischer Mix aus angeranzten Ateliers, schrummeligen Cafés, obskuren Lädchen sowie kultigen Clubs wie dem CBE, Yuca und Art Theater. Und „Bumann und Sohn“, eine ehemalige Autowerkstatt, in der heute Konzerte stattfinden. Auf dem Hof ist ein alternativer Biergarten entstanden, wie man ihn sonst wohl nur im Hamburger Schanzenviertel oder in Berlin-Kreuzberg findet. Und gleich daneben steht ein Gebäude, das einstweilen vor dem Abriss gerettet wurde – die frühere Telekom-Schaltzentrale für Ehrenfeld. Dort hat nicht nur die Kölner Band OK Kid ihr Büro, sondern auch die c/o pop GmbH.
Durch dicke Metalltüren, unter alten Kabelsträngen hindurch und an gewaltigen (stillgelegten) Sicherungskästen vorbei geht es in das erste Stockwerk. Oberhaus schenkt einen leckeren Kaffee ein. Zwischen dem 20. und 24. April stehen mehr als 150 Programmpunkte im Festival sowie 40 weitere Termine in der angeschlossenen Convention für Fachbesucher an. Die Veranstaltungsorte reichen vom kleinen Frisörsalon, der zum Mini-Club umfunktioniert wird, bis zur Kölner Philharmonie mit 2000 Sitzplätzen.
„Das war schon ein Drahtseilakt mit rund 150 Terminen“, sagt Oberhaus. „Bis vor Kurzem war das noch wie eine große Blackbox für uns.“ Im Oktober des Vorjahres wurden die nun im April anstehenden Termine festgelegt.
Die Gleichberechtigung der Geschlechter ist längst vorhanden
In Zeiten, in denen zunehmend Gerechtigkeit zwischen den Geschlechtern eingefordert wird, verweisen die Macher und Macherinnen von c/o pop auf einen Frauenanteil von 54 Prozent im Festival und 50 Prozent in der Convention. Dazu Norbert Oberhaus: „Für mich ist das schon immer ein Thema, das mich begleitet. Inzwischen ist das gar keine auferlegte Quote, sondern es wird beim Booking ganz selbstverständlich darauf geachtet.“ In seinem Team seien schon immer mehr Frauen als Männer gewesen.
Das c/o pop Festival bringt seit 2004 nationale wie internationale Acts aus den Bereichen Electro, Indie, Hiphop und Rap sowie verwandte Musikrichtungen auf Kölner Bühnen, darunter etablierte Künstler wie Nachwuchskräfte. In den letzten Jahren hat sich der Fokus mehr und mehr in Richtung Newcomer verschoben, und so versteht sich die c/o pop in erster Linie als Entdecker-Festival. Dass dieses Konzept funktioniert, zeigen die vergangenen Jahre: Etliche deutsche Acts wie Moderat, The Whitest Boy Alive, BrandtBrauerFrick, Roosevelt, Dillon und nicht zuletzt AnnenMayKantereit spielten lange vor ihrem Durchbruch im Rahmen des c/o pop Festivals. Ein optimales Sprungbrett, auch für eine internationale Karriere.
Parallel zum Festival findet die Convention statt, der erste Branchentreff des Jahres für die Musikwirtschaft.
In diesem Jahr kommt eine Neuheit hinzu: Erstmals wird es unter dem Motto „c/o queer“ einen ganzen Tag lang Programm von und für queere Menschen geben. Elke Kuhlen, Director c/o pop Festival: „Wir sehen es als unsere Verantwortung, nicht nur den Nachwuchs zu fördern, sondern vor allem dem Thema Gender Equality, aber auch LSBTIQ* und der Sichtbarkeit von People of Color inhaltlich gerecht zu werden, um unser Programm Jahr für Jahr diverser zu gestalten. Nicht nur um einer Quote willen, sondern um möglichst viele Facetten der Popkultur abzubilden und verantwortungsvoll mit dem Thema umzugehen.“ Norbert Oberhaus ergänzt: „Wir wollen damit ein Zeichen setzen. Wir verstehen uns als fortschrittliches Festival – und wenn wir das nicht aufgreifen, wer dann?“
Zu den Headlinern zählt auch die Sängerin Priya Ragu
Im knallbunten Festivalprogramm tummeln sich zum Beispiel die Rapperin Finna, „die klare Statements mit queerfeministischem Empowerment vereint“ (Pressemitteilung) und das Frauenquartett um die in London lebende Sängerin Anna Friedberg mit einer eskapistischen Mischung aus Post-Punk, Alt-Rock und verführerischem Pop-Songwriting. Paula Hartmann wiederum kombiniert Oldschool-Hiphop-Samples mit eingängigen Popmelodien, während die Wiener Künstlerin namens Verifiziert in ihren Texten nicht klassische Boy-Girl-Geschichten zum Thema macht, sondern Gefühle im Allgemeinen.
Zu den Headlinern zählt auch die Sängerin Priya Ragu, die Klänge ihres kulturellen Erbes wie Krishna-Mantras, traditionelle Tablas und die tamilische Sprache unter R‘n‘B-Sounds mischt.
Zum Schluss noch ein besonderer Tipp, der aber längst kein Geheimtipp mehr ist: Am Wochenende vom 23. und 24. April geht wieder die „c/o ehrenfeld“ über die Bühne, und dafür wird ein großer Abschnitt der Venloer Straße gesperrt. Bei freiem Eintritt locken zahlreiche Konzerte, Lesungen, Podcast-Performances und vieles mehr – unter freiem Himmel, in Buchgeschäften, Frisörsalons, Dönerläden, Parfümerien, Boutiquen und anderen erfrischend zweckentfremdeten Locations. Da ist eine ganz außergewöhnliche Atmosphäre in einem außergewöhnlichen Stadtteil Kölns zu erleben. „Ich erwarte, dass wir regelrecht überrannt werden“, sagt Norbert Oberhaus und meint damit das gesamte Festivalprogramm. „Die Leute sind ausgehungert und wollen wieder zusammen Musik hören, feiern, tanzen und miteinander quatschen. Die Clubs mussten als Erste zumachen und durften als Letzte wieder aufmachen.“
c/o pop Festival und Convention:
Von Mittwoch, 20. April, bis Sonntag, 24. April, mit mehr als 150 Programmpunkten. Das komplette Programm und alle weiteren Infos gibt es im Internet zu finden unter www.c-o-pop.de