Das Oberpleiser Kosmosbild ist der Star

Kölner Diözesanmuseum zeigt erstmals seit 33 Jahren Fußboden-Mosaik aus Sankt Pankratius

  Die Kirchenbänke  verdecken zum Teil die Kopie des Kosmosbildes in der Pfarrkirche Sankt Pankratius.

Die Kirchenbänke verdecken zum Teil die Kopie des Kosmosbildes in der Pfarrkirche Sankt Pankratius.

Foto: Frank Homann

Königswinter-Oberpleis. Es war wie ein Krimi. "Vom Innenhof her haben wir ein Loch geklopft. Und tatsächlich: Da war ein Fliesenboden. Aber da wussten wir noch nichts von dem Kosmosabbild", erinnert sich Willi Joliet an die Renovierungsarbeiten in der Pfarrkirche St. Pankratius im Jahre 1974.

Als dann im Langhaus unter dem Natursteinbelag und einer Aufschüttungsschicht als Zentralstück des keramischen Fußbodens das Kosmosbild freigelegt wurde, war die Sensation perfekt.

Nach 33 Jahren kommt die damalige Entdeckung von Oberpleis endlich wieder einmal ans Licht. Teile des Bildes sind der Star der aktuellen Ausstellung in der Kolumba, dem Kunstmuseum des Erzbistums Köln. Denn nachdem unmittelbar nach der Ausgrabung die Fundstücke bei der Monumenta annonis gezeigt worden waren, versanken sie im Depot des Erzbischöflichen Museums.

Zwei Stücke, so brachte Willi Joliet auf Nachfrage vor einigen Monaten in Erfahrung, befanden sich gerade beim Restaurator. Die geborgenen Fliesen waren damals in einen Metallrahmen gefasst und von der Rückseite her in Kunstharz gegossen worden. Bei dem, was jetzt in der Pfarrkirche zu sehen ist, handelt es sich lediglich um eine Nachbildung.

Die Kopie wurde vor 30 Jahren gefertigt und verlegt - aus gebrannten Scherben mit einer aufgetragenen Tonschicht. Sie hat ziemlich gelitten, ist schon abgelaufen, während die ursprünglichen, nicht glasierten Fliesen mit ihren leuchtenden Farben begeisterten, als sie nach langem Tiefschlaf aus der Erde geholt wurden. Da lagen sie bereits über 300 Jahre verborgen unter Naturstein und hatten insgesamt etwa 750 Jahre auf dem Buckel.

Willi Joliet, der ein Vierteljahrhundert die Meisterschule Fliesen, Platten, Mosaik in Köln leitete und die Geschichte der Oberpleiser Keramik schriftlich festgehalten hat, ist enttäuscht: "Wir haben nicht ein einziges Stück des Originals hier bei uns", bedauert der Fachmann. Wer also diese Rarität sehen möchte, muss ins Museum.

Um das Jahr 1100 hatte die Benediktinerabtei Siegburg die Propstei Oberpleis gegründet und dort eine dreischiffige Pfeilerbasilika gebaut. 1160 war das Gotteshaus fertiggestellt. Aber es dürfte im Thronstreit zwischen Philipp von Schwaben und Otto IV. Schaden erlitten haben. Kunstgeschichtliche Befunde nähren die Annahme, dass die Wiederherstellung um 1220 bis 1230 erfolgte.

"Querschiff und Chor hat man auf altem Grundriss neu aufgebaut und das Langhaus eingewölbt. Wahrscheinlich wurde bei diesen spätromanischen Baumaßnahmen auch der keramische Schmuckfußboden verlegt", erläutert Willi Joliet. In der Blütezeit der romanischen Baukunst war das keine Seltenheit im Rheinland. Aber das Kosmosbild ist einzigartig.

Der Geschmack wandelte sich. Der Boden wurde vor 400 Jahren aufgehöht und mit Natursteinplatten abgedeckt. Weg waren die Fliesen: im doppelten Sinne. Bauern holten sich die quadratischen Teile. Manche Kuh dürfte auf solchen alten Fliesen gestanden haben, weil sich die Keramik zum Auslegen von Ställen oder Wirtschaftsräumen bestens eignete.

Unpraktisch zur Weiterverwertung indes waren die zackigen Stückchen des Kosmosbildes, und so wurde es glücklicherweise einfach abgedeckt. Einen markanten Schaden nahm der Boden auch beim Einbau eines Luftheizungsschachts in den 1950er Jahren.

Intensiv wurde nach Aufdeckung die Deutung des Kosmosbildes betrieben. Ein Blick in das Virtuelle Heimatmuseum von Oberpleis gibt umfassende Auskunft über diese Rarität, die Abbild der mittelalterlichen Vorstellung von der Welt ist. Vier kleine Rosetten in den Ecken des Quadrats ermöglichen den Zugang zum Inhalt.

Vier Elemente und vier Jahreszeiten symbolisieren die äußere Welt, vier Temperamente den Menschen. Nicht gedeutet wurden bisher Inschriftfragmente. Aber auch die Zahlensymbolik, die in dem Bild steckt, lässt viele Rückschlüsse auf das Denken der Menschen damals zu.

Ausstellung

Die Ausstellung "Der Mensch verlässt die Erde" in Kolumba, dem Kunstmuseum des Erzbistums Köln, Kolumbastraße 4, ist noch bis zum 31. August 2009 zu sehen. Öffnungszeiten sind täglich, außer dienstags, von 12 bis 17 Uhr.

Das Virtuelle Heimatmuseum Oberpleis im Netz: www.oberpleis.com

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