GA-Interview Flic Flac Das Schönste im Leben

BONN · Der renommierte Zirkus Flic Flac gastiert mit einer Jubiläumshow in Bonn. Die Artistin und Juniorchefin Larissa Kastein ist hier sogar zur Welt gekommen.

 Larissa Kastein bei den Proben

Larissa Kastein bei den Proben

Foto: Flic Flac

Sägemehl, rot befrackter Direktor und bunt geschmückte Elefanten – mit diesen traditionellen Zirkuselementen hat Flic Flac nichts zu tun. Das 1989 von den Brüdern Benno und Lothar Kastein in Bocholt gegründete Unternehmen steht für einen modernen, ganz eigenen Stil mit spektakulärer Akrobatik, Motocross-Stunts, Rockband, Slapstick und jeder Menge Licht-, Laser- und Pyrotechnik. Bislang besuchten mehr als sieben Millionen Zuschauer die 20 regulären Shows sowie zahlreiche Sonderprogramme. Die Jubiläumstournee „Höchststrafe – 25 Jahre Flic Flac“ macht vom 29. April bis zum 16. Mai Station auf dem Platz vor der Bonner Beethovenhalle.

Benno Kasteins Töchter Larissa und Tatjana sind ebenfalls in der Truppe aktiv. Larissa wurde am 9. April 1987 in Bonn geboren und tritt bei Flic Flac als Schlangenfrau mit einer atemberaubenden Akrobatik am „Chinese Pole“, einer vertikalen Stange, auf. Zunehmend übernimmt sie auch Aufgaben im organisatorischen Bereich und ist für die künstlerische Leitung mitverantwortlich. Im GA-Gespräch verrät sie, dass sie im Juni ihren Lebensgefährten, einen Motorrad-Stuntfahrer bei Flic Flac, heiraten und anschließend mit ihm quer durch die USA reisen wird: „Wir wollen viele befreundete Artisten treffen und am Ende eine Woche in Las Vegas verbringen, wo wir uns alle neuen Shows ansehen.“

Frau Kastein, haben Sie Schmerzen?
Larissa Kastein: (lacht) Wie bitte?

Ich habe mir Bilder Ihrer akrobatischen Kunst angesehen und mich gefragt, wo es Ihnen momentan überall weht tut.
Kastein: Momentan tut mir nichts weh, wie meistens. Wehwehchen kommen nur, wenn wir längere Zeit Pause hatten und ich nicht in der Trainingsroutine bin. Das sind Kleinigkeiten. Gott sei Dank hatte ich noch keinen Unfall oder größere Verletzungen.

Wenn ich auch nur ansatzweise versuchen würde, das nachzumachen, würde ich auf der Intensivstation landen, oder?
Kastein: Sehr wahrscheinlich! (lacht) Aber wenn Sie mit fünf Jahren angefangen hätten zu trainieren, dann nicht.

Wie sah das Training in den ersten Jahren aus?
Kastein: Mit fünf Jahren hat das ernsthafte Training begonnen, vorher hatte ich schon ein bisschen Artist gespielt und rumgeturnt. Aber dann hat mich eine russische Trainerin, die mit Flic Flac auf Tour war, trainiert und mit mir in Richtung Akrobatik gearbeitet. Das war der Anfang.

Worauf kommt es an?
Kastein: Man muss beweglich sein und Kraft haben. Und die Technik dazu muss man von klein auf lernen.

War Ihre Trainerin die harte, unbarmherzige Schleiferin?
Kastein: Ja. Sie hatte die russische Schule drauf. Das war nicht immer lustig, da gehörten auch Schmerzen dazu. Wenn du fünf Jahre alt bist, verstehst du das auch nicht so ganz: Warum muss ich jetzt trainieren und darf nicht mit den anderen Kindern ins Schwimmbad gehen?

Haben sich diese Entbehrungen ausgezahlt?
Kastein: Aus mir wäre sonst überhaupt gar nichts geworden! Ich bin jemand, der immer wieder Druck benötigt – deswegen bin ich meiner Trainerin heute sehr dankbar. Ich habe zehn Jahre mit ihr gearbeitet. Sie hat mich dahin gebracht, wo ich heute bin. Ich bin der Überzeugung, dass man hart trainieren muss, um etwas zu erreichen. Schulsport reicht da nicht aus.

Sie sind in Bonn geboren. Zufall?
Kastein: Ja. Meine Eltern waren damals mit einem anderen Zirkus unterwegs, und der machte gerade Station in Bonn.

Dann haben Sie wohl keine großen Erinnerungen an Bonn?
Kastein: Nein. Aber es ist etwas Besonderes, wieder in meine Geburtsstadt zu kommen. Und der Platz für unser Zelt vor der Beethovenhalle ist sehr schön. So einen tollen, zentralen Platz haben wir selten auf unserer Tour.

Kommen wir zum Zirkus, auch wenn Flic Flac sicher nicht der typische Zirkus ist. Was also ist Flic Flac?
Kastein: Ein moderner Action-Zirkus. Ein weiteres Kennzeichen seit Beginn ist, dass wir keine Tiere haben. In den letzten Jahren hat sich Flic Flac in eine Show mit wahnsinnigen Lichteffekten, einer Rockband und mit Extremsportlern entwickelt. Das hat nichts mehr mit einem normalen Zirkus zu tun.

Wie kam es zu dem Showtitel „Höchststrafe“?
Kastein: Das Jubiläum bedeutet ja 25 Jahre Flic Flac, und das Wortspiel fiel uns ein, weil 25 Jahre in Deutschland die Höchststrafe sind – bezogen auf uns ist es die Höchststrafe für die Nerven. Weil wir so viele adrenalingeladene Nummern haben. Danach kamen immer mehr Ideen: Der Eingang der Artisten ist wie ein Zellentrakt aufgemacht, die Rockband ist eine Knastband – und die Artisten tragen Häftlingskleidung.

Klingt ja schon ziemlich verrückt, oder?
Kastein: Das klingt verrückt, ja (lacht). Es ist aber wirklich sehr mainstreamig und kommt beim Publikum gut an. Es ist ein Programm für klein und Groß.

Im Showgeschäft gilt es, frisch zu bleiben. Was ist das Erfolgsrezept von Flic Flac?
Kastein: Wir entwickeln uns immer weiter, was nicht immer einfach ist. Gerade mein Vater reist in der ganzen Welt umher und schaut sich die neuesten Shows und Artisten an. So sammeln wir neue Ideen, die wir dann im Flic-Flac-Style umsetzen. Und wenn eine Tour vorbei ist und eine neue Tour kreiert wird, dann muss das etwas komplett Neues sein.

Wie ist die Zusammenarbeit mit Ihrem Vater?
Kastein: Sehr gut. Er lässt mich viel machen in der Organisation und künstlerischen Leitung und möchte auch, dass wir uns mehr einbringen. Mein Vater sagt jetzt, dass er nicht mehr die stärksten Nerven und nicht mehr die größte Geduld hat. Wenn ich nicht mehr als Artistin arbeiten kann, möchte ich auf jeden Fall diese Bereiche übernehmen.

Ist das Zirkusleben ein Klischee?
Kastein: Ich kann mir kein besseres Leben vorstellen. Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass dieses Leben einem nicht gefallen würde, wenn er es wirklich kennen lernt. Aber natürlich kommt das alles nicht von alleine. Es ist viel Arbeit. Wenn du das liebst, ist es aber irgendwann keine Arbeit mehr, sondern Leidenschaft. Das ist im Leben das Schönste, was dir passieren kann.

Vermissen Sie nichts?
Kastein: Das Einzige, was ich auf Tour vermisse, ist eine Badewanne ! (lacht)

Info: 25 Jahre Flic Flac. "Höchststrafe". Die Jubiläumsshow. Bonn, Platz vor der Beethovenhalle, 29. April bis 16. Mai. Karten19 bis 49 Euro. Die Premiere am Freitag, 29. April (19 Uhr), ist komplett für GA-Leser reserviert mit rabattierten Tickets (abzüglich 25 Prozent inklusive Gebühren). Die Karten sind erhältlich in den GA-Geschäftsstellen, unter 0228/502010 und www.bonnticket.de

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