Kölner Philharmonie David Garrett überzeugt mit Durchdachtem und Raffiniertem

Köln · Ein "Ausverkauft" bei Kammerkonzerten würde sich Kölns Philharmonie-Intendant Louwrence Langevoort regelmäßig wünschen. Normalerweise ist mit begrenztem Zuspruch zu rechnen. Mit David Garrett als Interpreten war die Situation zur Abwechslung auch kassenmäßig in Ordnung.

 Stimmung in der Philharmonie: David Garrett.

Stimmung in der Philharmonie: David Garrett.

Foto: Thomas Brill

Das begeisterungsfähige Publikum bestand aus Jung und Alt, klatschte nach jedem Sonatensatz bei Johannes Brahms und Ludwig van Beethoven und ließ seine iPhones so gewitterartig blitzen, dass die Ordnungskräfte mit ihren Mahnungen nicht mehr nachkamen. Lanxess-Arena in der Philharmonie. Das wird nur den eher traditionellen Klassikfreund schmerzen.

David Garrett hat vor kurzem den ersten Teil seiner Rock-Anthems-Tour beendet und behielt seine Klamotten von dort gleich an: enge Hose, T-Shirt, Flatterjacke, Boots, alles irgendwie Grau in Grau. Sieht trotzdem schick aus, fanden die meisten Fans ohne Zweifel. Und Nigel Kennedy hat vor Ort ja auch schon mehrfach alternative Mode vorgeführt.

Jetzt spielte Garrett also Kammermusik zusammen mit Julien Quentin (Klavier) und Marcus Wolf (Gitarre), und die kamen auch nicht gerade mit Schlips und Kragen. Doch was soll's? Es ging ja um Musik. David Garrett, 32, ist als Geiger schon seit langem auf Achse. Mit vier Jahren bekam er seine erste Violine, ein Jahrzehnt später schon machte er Aufnahmen, lernte weiter unter anderem bei Itzhak Perlman, der übrigens Garretts Crossover mag.

Andere sehen gerade darin die Karriere eines "genialischen Geigers, der scheitert" begründet, so jedenfalls die "Süddeutsche Zeitung" vor einem halben Jahr. "Geigerisch gut, musikalisch nichtssagend" kann man nach dem Kölner Konzert sicher nicht stehen lassen. Sowohl bei der 2. Sonate von Brahms wie auch bei Beethovens "Kreutzer"-Sonate hörte man Durchdachtes, Empfundenes, auch angemessen Raffiniertes.

Doch gab es, speziell bei Brahms, auch Manieriertes etwa in Form von magyarisch gefärbten Portamenti, es haperte mitunter an der Intonation, manche Töne und Phrasen waren tonlich nicht ausreichend erfüllt, wirkten nüchtern oder beiläufig. Das geigerische Rüstzeug Garretts ist grundsätzlich aber top.

Grifftechnische Finessen verschlugen bei den Sonaten-Komponisten freilich weniger als bei den vielen encoreartigen Stücken, von denen die meisten aus der Feder Fritz Kreislers stammten. Da ging tatsächlich die Post ab. Alles erklang in neuen, eigenen Arrangements mit Klavier und Gitarre, mal in Einzel-, mal in Duobegleitung. Ehrliches Kompliment an Julien Quentin und Marcus Wolf!

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