Party im Palladium Deichkind verwöhnen in Köln ihre Fans

Köln · Frisch mit dem Hamburger Musikpreis in der Kategorie "Künstler des Jahres" ausgezeichnet, beweisen Deichkind mit einem "Kölner Doppelpack", dass die Ehrung wohl die Richtigen traf. Rund 7500 Fans sahen die zwei gut zweistündigen Konzerte - das erste war ausverkauft - im Kölner Palladium.

 Alles so schön bunt hier: Deichkind lässt das Kölner Palladium neonfarben erstrahlen.

Alles so schön bunt hier: Deichkind lässt das Kölner Palladium neonfarben erstrahlen.

Foto: Thomas Brill

Einige Besucher begnügen sich nicht mit "offiziellen" Deichkind-T-Shirts, sondern stecken in Eigen-Kreationen wie schwarzen Plastik-Müllsäcken, die mit reichlich Klebeband fixiert wurden. Mit fluoreszierender "Kriegsbemalung" in den Gesichtern, neonfarbenen Stäben im Haar oder zum Brillengestell geformt, wird kreativ auf Showelemente des Konzerts Bezug genommen. Der karnevalistische Mummenschanz ist dem "Befehl von ganz unten", so der Titel des aktuellen Erfolgsalbums der nordischen Hip-Hopper, geschuldet.

Die Fans lassen sich nicht lange bitten, wenn Kryptic Joe alias Philipp Grütering, Ferris Hilton alias Ferris MC, Porky alias Sebastian Dürre und Co. zu den technoiden Elektro-Beats von DJ Phono rappen und von oben befehlen, dass jetzt gefälligst alle Arme nach oben zu strecken sind.

Alte Schule war gestern, Deichkind ist längst zur Hip-Hop-Partyband mutiert. Eingängige, rhythmisierte Elektrosounds und Tiefschlag-Bässe als musikalisches Gerüst zum Rap-Gesang lassen kaum Raum für musikalische Interaktion oder gar Spontaneität. Zum Ausgleich gibt es reichlich Kindertheater für Erwachsene: Die Show kommt spielerisch mit einfachsten Mitteln aus, berührt aber immer wieder wunde Punkte. Rammstein hat es vorgemacht, jetzt unternimmt auch ein Deichkind im schwarzen Gummiboot eine kabbelige Fahrt über die Köpfe der Fans.

"Komm, steiger' den Profit, sonst wirst du ausgesiebt" singen sie in "Bück' dich hoch", das wie eine verschärfte Version von "Bruttosozialprodukt" der Neue-Deutsche-Welle-Gruppe Geier Sturzflug klingt. Eine weitere Anleihe an die NDW ist "Luftbahn", das dem schwerelosen Weltraum-Eskapismus huldigt, bei dem die Probleme auf der Erde bleiben. In "Leider geil" geht es um die Problematik, dass vernünftiges und lustbetontes Handeln leider selten deckungsgleich sind. Manches schadet dem Geist, der Gesundheit, der Natur oder was auch immer, ist aber leider so verführerisch, dass Geist oder Fleisch doch schwach werden.

Je mehr Partypotenzial den technoiden Beats innewohnt, umso mehr Skurriles bis Nachdenkliches kommt in den - allerdings meist nur in Passagen verständlichen - Texten vor. Gelegentlich tritt Deichkind konzeptionell auf der Stelle, kopiert sich selbst, ist aber alles in allem: leider geil.

Die Band Deichkind spielt am 31. August 2013 auf dem Bonner Kunst!Rasen. Karten in den GA-Ticket-Shops und bei bonnticket.de.

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