"Das Haus am See" im Kleinen Theater Der Glücksfall seines Lebens

Bad Godesberg · Malerische Naturbilder wie in dem Oscar-prämierten Film von Mark Rydell mit Henry Fonda und Katherine Hepburn gibt es auf der Bühne nicht. Im Kleinen Theater konzentriert sich die Geschichte ganz auf die Figuren in dem hellen Sommerhaus (Bühne: Charles Copenhaver), in dem Norman und Ethel Thayer seit fast fünf Jahrzehnten ihre Ferien verbringen.

 Traumbesetzung: Susanne Tremper und Walter Ullrich in "Das Haus am See".

Traumbesetzung: Susanne Tremper und Walter Ullrich in "Das Haus am See".

Foto: Kleines Theater

Stephanie Jänsch hat die bezaubernd melancholische Komödie "Das Haus am See" des Amerikaners Ernest Thompson erfrischend unsentimental inszeniert. Als brillantes Schauspielertheater mit einer Traumbesetzung für das alte Paar. Intendant Walter Ullrich selbst verkörpert den Literaturprofessor Norman, dessen Gedächtnis manchmal kleine Lücken hat, was er geistesgegenwärtig überspielt. Er ist und bleibt der großspurige Patriarch, der Gefühle nicht zeigen kann und lieber verletzende Pointen setzt, als die eigene Schwäche zuzugeben. Ullrich macht das mit leiser Komik perfekt.

Eine patente Gattin wie Ethel ist der Glücksfall seines Lebens. Susanne Tremper spielt wunderbar diese grundsympathische Frau: quirlig, hellwach, fast mütterlich besorgt um den geliebten Mann, dessen Marotten sie so lange kennt und immer noch aushält. Man sieht förmlich, wie sie kurz stutzt bei seinen sich mehrenden Fehlleistungen, um dann sofort eine elegante Lösung zu finden. Es ist völlig in Ordnung, wenn er in der Zeitung die Stellenanzeigen studiert statt der Todesanzeigen. Es ist kein Problem, wenn er das Fliegengitter kaputt macht und die Mücken im Haus tanzen. Nur ab und zu greift sie nach dem kleinen Teddybär aus Kindertagen, um sich hinwegzutrösten darüber, dass der Mann an ihrer Seite langsam wieder infantil wird. Trempers Ethel im burschikosen Jeansanzug (Kostüme: Kara Schutte) bleibt ihm dabei in den pointierten Dialogen freilich kein freches Wort schuldig.

Mit selbst gebackenen Keksen füttert sie den lustigen Briefträger Charlie (amüsant: Olaf Böhnert), dessen Wortschatz über "Ach, du heilige Makrele" nicht weit hinausreicht, während seine bescheidene Intelligenz zum Fliegenfangen durchaus genügt. Dramaturgisch hat er indes nur die Funktion, die heimlich verehrte Chelsea anzukündigen, die zu Normans achtzigstem Geburtstag anreisen will. Liebevoll schmückt Mama Ethel das Haus mit Luftballons für die Ankunft der verlorenen Tochter. Sandra Krolik spielt mit straffer Haltung die nicht mehr ganz junge Chelsea, die von ihrem anspruchsvollen Erzeuger, den sie nie "Vater" nennen konnte, stets nur gedemütigt wurde. Sie habe auf dem Markt der Gebärfähigkeit keine Chancen mehr, bemerkt der Alte trocken. Aber Chelsea bringt den charmant schüchternen Zahnarzt Bill Ray als echten Heiratskandidaten (Holger Hanewacker) mit, um vor einer romantischen Europareise dessen pubertierenden Sohn Billy bei ihren Eltern zu parken.

Bei der Premiere in Bad Godesberg spielte das Nachwuchstalent Kian Gitizad (fünf weitere Jungen sind für die Rolle engagiert, einige mit Bühnenerfahrungen am Jungen Theater Bonn) diesen munteren Knaben, der seinem Wahl-Opa beim Angeln auf dem See nicht nur so schöne Wörter wie "cool" und "Tussen-Anmachen" beibringt, sondern auch dessen Herz für Chelsea öffnet. Irgendwie kapiert der Alte, dass die heutige Zeit nicht mehr nach seiner Uhr tickt. Herzlicher Beifall für das ganze Ensemble.

Weitere Vorstellungen bis zum 8. Juni fast täglich um 20 Uhr. Kartenreservierungen unter 0228-362839, Infos unter www.kleinestheater-badgodesberg.de

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