Der Kampf der Kulturen

Schau "Krieg und Frieden - Kelten, Römer, Germanen" im Rheinischen Landesmuseum Bonn beleuchtet Umbruchszeit in der Geschichte Europas

  Römische Offiziersmaske  aus Bronze, Beigabe aus dem Reitergrab von Hellingen (Luxemburg), 40 n. Chr. Sie dokumentiert den Wandel der Begräbniskulte

Römische Offiziersmaske aus Bronze, Beigabe aus dem Reitergrab von Hellingen (Luxemburg), 40 n. Chr. Sie dokumentiert den Wandel der Begräbniskulte

Foto: Fischer

Bonn. Um eine Typologie antiker Helme geht es im Foyer des Rheinischen Landesmuseums Bonn gewiss nicht.

Vielmehr verweisen die drei unterschiedlichen Helme exemplarisch auf die große archäologische Ausstellung "Krieg und Frieden - Kelten, Römer, Germanen" und auf die ureigenen Hinterlassenschaften dieser drei "Völker", wie man sie heute nennt.

Denn weder gab es die Kelten oder die Germanen schlechthin; sie formierten sich jeweils aus mehreren Stämmen, denen jedoch ein gemeinsamer "Volkssinn" fehlte.

Ebenso wenig kann man - mit Ausnahme der Stadtrömer mit römischem Bürgerrecht - von den Römern sprechen. Auch sie setzten sich aus Latinern, anderen italischen Völkern und den Einheimischen der eroberten römischen Provinzen zusammen. "Römer" in diesem erweiterten Sinn dagegen hatten ein einheitliches Staatsverständnis, das durch die Hauptstadt Rom geprägt war.

"Kelten, Römer, Germanen", speziell am Rhein und während des ersten vor- und des ersten nachchristlichen Jahrhunderts, sind das Thema. Ursprungsbefunde, so genannte Akkulturation und Romanisierung, sind die an Objekten dargestellten historischen Phänomene.

Der Holzfund von Porz-Lind zeigt beispielsweise im sonst rasch vergänglichen Material Holz den praktischen Sinn in einem spätkeltischen Hausstand. Ein Fass, Schalen, eine Wäscheklammer und selbst ein Kinderschwert haben die Zeiten überdauert.

Von keltischem Wohlstand und Prestige dagegen zeugen die "Regenbogenschüsselchen" und die Torques, goldene Münzen und Halsreifen, vielleicht Braut- oder Diplomatengeschenke.

Die Geschichte kriegerischer Auseinandersetzungen erzählt das gemeißelte Grabmonument von Batringen. Ein unter römischem Befehl stehender Reiter hat den unterlegenen Gallier enthauptet, ihm seinen Torques entwendet und als Beute über den eigenen Arm geschoben: ein beredtes Beispiel erzwungener Romanisierung.

Hochrangige Marmor- und Sandsteinskulpturen repräsentieren zum einen in Porträts die römischen Machthaber, allen voran Julius Caesar, der nach politischen Misserfolgen den Gallischen Krieg selbst angezettelt hatte.

Zum anderen demonstrieren ornamentierte Architekturfragmente, dass die Römer ihre ausgereifte Steinarchitektur in den Norden übertragen haben, wo sowohl die keltischen wie auch die germanischen Einheimischen noch in schlichten Fachwerkbauten mit dem Vieh unter einem Dach lebten.

Die Inschriften einer aufgebauten "Gräberstraße" sprechen lebhaft für jene zu einem Schmelztiegel der Kulturen führende Globalisierung, da sie etwa Thraker oder Syrer beim Namen nennen. Auch lässt sich ablesen, dass norditalische Kelten gegen Kelten am Rhein kämpften.

Aus der enormen Dichte von rund 19 000 Fundstellen kristallisieren sich Aspekte der Zivilisation heraus: die Einführung der Schriftsprache, das Münzwesen, das der Wirtschaft so gut wie - mit geprägten Kaiserporträts - der Herrscherpropaganda diente, und die Alltagskultur mit verfeinerten Ess- und Trinksitten. Sichtbares Zeichen sind die oft dünnwandigen, reliefierten Gefäße.

Grabbeigaben insbesondere künden von der Entwicklung zu verschiedenen Mischkulturen. Während die Römer auf Waffenbeigaben verzichteten, finden sich in keltischen und germanischen Gräbern neben zahlreichen Alltagsrequisiten auch Militaria. Die schwarze Metall imitierende Keramik und die (rote) Terra rubra beweisen, dass die einheimischen Germanen und Kelten auch an eigenen Errungenschaften festhielten.

Auf den Wohlstand eines germanischen Soldaten, den man als Anführer einer römischen Aufklärungseinheit deutet, lässt der seinem Grab beigegebene stattliche Bronzeeimer schließen. Als herausragendes Artefakt aus Kampanien ergänzt er germanische Beigaben, darunter ein Trinkhorn.

Offenbar nutzten die römischen Besatzer die Religion zur Festigung ihrer Herrschaft. Sie importierten römische Gottheiten, tolerierten jedoch auch einheimische Götter in römischer Gestalt und mit römischen Namen. Götterstatuen - etwa ein Hercules Magusanus - veranschaulichen die Vermischung der Kulte.

Zur Typensammlung geraten die zahlreichen Variationen von Jupitersäulen, die als Säulen oder Pfeilermonumente der Verehrung des am Rhein heimisch gewordenen Göttervaters dienten.

Endgültig konsolidierten die Römer ihre Machtstellung am Rhein im großen Aufstand der germanischen Bataver, den sie im Jahre 70 n. Chr. grausam niederschlugen.

Die zivilisatorischen Leistungen der Römer wie das Siedlungs- und das Verkehrswesen, auch Gebräuche der Alltagskultur zeigten Einfluss insbesondere auf die linksrheinische Region mit der Vormachtstellung der antiken Großstädte Köln und Trier.

Frühe Globalisierung am Rhein

Julius Caesar hatte 58 bis 51 v. Chr. ganz Gallien erobert. Damit gerieten auch die Gebiete zwischen dem Mittelrhein und den südlichen Niederlanden ins Blickfeld der römischen Eroberer, die mit ihren weiteren Expansionsbestrebungen erst in der Varus-Schlacht im Jahr 9 n. Chr. scheiterten.

Die Bonner Ausstellung "Krieg und Frieden - Kelten, Römer, Germanen" führt die Begegnung dieser drei Kulturen und dann vor allem ihre Ver- und Überlagerungen, also so etwas wie "multikulti" oder gar Globalisierung am Rhein, vor Augen.

Rheinisches Landesmuseum Bonn; bis 6. Januar 2008. Di-So 10-18, Mi bis 21 Uhr. Begleitband 19,90 Euro

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