WDR-Kabarettfest in der Harmonie Der Kampf ums tägliche Überlegen

WDR-Kabarettfest in der Harmonie: Den interessantesten Part des Abends gestaltete Thomas C. Breuer.

 Er war wieder in Form: Tobias Mann.

Er war wieder in Form: Tobias Mann.

Foto: Thomas Klose

„Die Zeiten sind hart für Kabarettisten“, sagt Tobias Mann. „Eine falsche Pointe, und die Leute sind schwer beleidigt. Ich nenne das die Erdoganisierung des Kabaretts.“ Einerseits ist dem Gastgeber der 93. Ausgabe des WDR-Kabarettfests, wegen des Pantheon-Umzugs in die Harmonie verlegt, darin zuzustimmen. Andererseits bedeuten solch harte Zeiten immer auch goldene Zeiten für Tobias Mann und seine Zunft, schließlich sind Kontroversen das Salz in der Suppe des Politkabaretts.

Mann ist abermals in bestechend guter Form und stellt fest: „Wir brauchen positiv Verrückte, aber die negativ Verrückten greifen um sich.“ Von Baseballkappen tragenden Immobilienunternehmern mit schlechter Kinderstube und präsidialen Gelüsten angefangen bis hin zu sich offen rassistisch gerierenden Politikern, die sich selbst als „Alternative“ zu den etablierten Parteien sehen. Mann fragt sich, woher die vielen Parteispenden für die AfD kommen. Und: „Ist das etwa Braunkohle?“

Chin Meyer trägt seinen inzwischen zum Markenzeichen gewordenen US-Dollarnoten-Anzug und liefert hübsch abseitiges, wortgewaltiges Finanzkabarett. Während Martina Brandl auf die Frage, warum sich auf der Kabarettbühne so wenige Frauen tummeln, mit einer köstlich sarkastischen Gegenfrage antwortet: „Weil 90 Prozent der Frauen schon in Führungspositionen der Wirtschaft sind.“ Und Nils Heinrich freut sich sehr, in der „Gummibärchenstadt“ zu sein.

Den interessantesten Part des Abends gestaltet allerdings Thomas C. Breuer, der im Dezember 2017 sein 40-jähriges Dasein als Kabarettist zu feiern gedenkt. Aus diesem Grunde befindet Breuer sich bereits jetzt auf Abschiedstournee unter dem Motto „Letzter Aufruf – Vol.1“. Der Mann in dem tomatenroten Anzug stellt fest, dass die meisten Parteien „ums tägliche Überlegen kämpfen“. Ansonsten habe er keine Lust mehr auf Politkabarett – in Zeiten, in denen seine Frage „Will Kim etwa noch einen Atomtest machen?“ fast alle Gesprächsteilnehmer an eine Klatschblattkönigin namens Kardashian denken lasse.

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