Thomaskirche in Röttgen Der Kinderchor ist erwachsen geworden

RÖTTGEN · Vor 30 Jahren komponierte die damalige Kirchenmusikerin Ursula Stamp zur Namensgebung der Thomaskirche in Röttgen die Thomas-Kantate. Am Sonntag führte sie das Werk erneut auf - mit ähnlicher Besetzung.

 Choräle mit anspruchsvollen Texten: Der Projektchor singt die Thomas-Kantate, Ursula Stamp begleitet an der Orgel.

Choräle mit anspruchsvollen Texten: Der Projektchor singt die Thomas-Kantate, Ursula Stamp begleitet an der Orgel.

Foto: Barbara Frommann

"Es ist mir eine große Freude, dass zehn der Kinder von damals sich bereiterklärt haben, diese Kantate nun als Erwachsene nochmals zu singen", sagt die inzwischen pensionierte Musikerin. Gut 35 Jahre hat sie für die Gemeinde der Thomaskirche gearbeitet. Daneben machte die bereits voll ausgebildete Kirchenmusikerin auch noch das Lehramtsstudium. Allerdings stellte sie schnell fest, dass die Schule nicht der richtige Ort für ihre musikalischen Ambitionen war: "Ich habe schnell gemerkt, dass das nichts für mich ist, wenn Musik verpflichtend ist", erinnert sie sich.

Andere Freiheiten hatte sie in der Arbeit als Kirchenmusikerin. So auch bei der Entstehung der Thomas-Kantate: Textauswahl, Komposition, das Einstudieren und Aufführen mit Gemeindemitgliedern - alles lag in ihrer Hand. Nicht zuletzt ihre klaren musikalischen Vorstellungen und ihr Anspruch an theologische Texte haben sie dazu gebracht, eigene Werke zu komponieren, erinnert sie sich: "Das Komponieren lernt man ja irgendwie als Kirchenmusikerin. Ich wollte einfache, klare Choräle. Schlicht, aber nicht simpel. Und ich wollte keine billigen Texte. Deshalb habe ich zu meinem damaligen Pfarrer gesagt: Da schreibe ich lieber selber etwas."

Als textliche Vorlage für die Kantate nahm Ursula Stamp das Johannes-Evangelium, ergänzte es jedoch durch eigene Reime und Passagen. Als "Vertrauenskantate" bezeichnet die gläubige Christin ihr Werk. Denn in seinen Mittelpunkt stellt sie die Geschichte der Jünger Jesu, die Glauben und Hoffnung verlieren, nachdem Jesus gekreuzigt wird. Der ermutigt sie, das Vertrauen ins Leben und zu Gott wieder zu entdecken.

Für die aus einem Theologenhaus stammende Kirchenmusikerin ist diese Aussage auch an biografische Erlebnisse gebunden. So erzählt sie über das Großwerden gemeinsam mit ihren beiden Brüdern: "Unsere Eltern haben uns so erzogen, dass wir im Vertrauen durchs Leben gehen können."

Eine weitere nachhaltige Prägung hat sie später durch ihren musikalischen Lehrer bekommen, dem sie bis heute verbunden sei, sagt Stamp. Helmut Rilling hat sie für Bach begeistert: "Ich bin sehr von Johann Sebastian Bach geprägt. Das Meditative muss, finde ich, viel mehr Raum finden in dieser lauten Welt. Daher mag ich auch nicht so gerne moderne Musik oder Popmusik im Gottesdienst."

Neben der Kantate komponierte sie eine Jugendoper, veranstaltete Musikfahrten und gestaltete das musikalische Gemeindeleben. All dies hat sie bereits vor Jahren an ihre Nachfolgerin Anke Lehmann abgegeben. Doch neue Projekte startet sie auch im Ruhestand noch. So hat sie jüngst einen offenen Singkreis in Röttgen initiiert, zu dem alle singbegeisterten Menschen eingeladen sind.

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