Der Körper ist kein Tempel

Karsten Gaul lädt als Anthony Bourdain "In Teufels Küche"

Messerscharf:  Karsten Gauls Geständnisse.

Messerscharf: Karsten Gauls Geständnisse.

Foto: Heyder

Bad Godesberg. Was ist von einem Koch zu halten, der sich ungeniert auf seine Arbeitsplatte setzt, während er genüsslich an einer Zigarette zieht? Schleckt er dann noch in aller Ruhe sein Messer ab, könnte dem Zuschauer glatt der Appetit vergehen.

Wäre da nicht die beruhigende Gewissheit, dass das Menü dieses Abends ein anderer gezaubert hat. Karsten Gaul serviert den Gästen im Restaurant Cäcilienhöhe lediglich geistige Nahrung, ein literarisches Drei-Gänge-Menü.

Zwischen Vorspeise und Hauptgang kredenzt er in der Rolle des New Yorker Chefkochs Anthony Bourdain Apéritif, Amuse-Gueule und Soupe einer portionsweisen Abrechnung mit der Restaurantbranche.

Die ist zugleich eine Liebeserklärung an selbige, eine Hommage an die "Macht des Essens". Bourdains "Geständnisse eines Küchenchefs" dienten als Vorlage für "In Teufels Küche".

Ein Stück, mit dem das Kölner Theater im Bauturm seinem Publikum starke Nerven abverlangt. "Wie wäre es mit Schwertfisch?", fragt Gaul verführerisch. "Der Fischhändler isst ihn nicht." Sauce hollandaise vielleicht? "Bakterien lieben Hollandaise!"

Da ist es passiert. Schon geistern Bilder überwucherter Petri-Schalen durch die Köpfe. Der Gedanke an Bandwürmer und verdorbenen Fisch verdrängt die Lust auf Kulinarisches.

Und der Koch grinst schadenfroh: "Ihr Körper ist kein Tempel, sondern ein Vergnügungspark." Doch bevor es dem empfindlichen Magen zu bunt wird, schwenkt Gaul um und gewährt einen schonungslosen Einblick in die Branche.

Er berichtet von Postenköchen, die wie Soldaten funktionieren, skizziert liebevoll seine Mannschaft und wedelt dabei stets mit dem Messer, dass einem angst und bange werden kann.

Dazu tänzelt der Küchenchef um seinen Tisch, schwankt zwischen vergnügter Plauderei, bitterem Ernst, Anflügen von Wahnsinn und blanker Panik. Seine Zutaten sind Spott und Ironie, Verzweiflung und Arroganz.

Sogar eine Prise eigentümliche Erotik mischt er seinem Gericht bei, wenn er mit verträumter Stimme von der "Minzrosette" schwärmt, "die sich an einer einsamen Himbeere reibt".

Etwas fehl am Platze wirken derweil die kurzen Abstecher in die Gossensprache. Sie wollen so gar nicht zur feinen französischen Speisekarte passen. Doch verzeiht der Zuschauer schnell, wenn er kurz darauf wieder amüsant vor Augen geführt bekommt, dass auch Köche - dieser "gestörte, geldgierige Haufen" - schlicht ganz normale Menschen sind.

Weitere Aufführungen am Donnerstag, 10., 11. und 12. März (Cäcilienhöhe, Bad Godesberg) sowie 23. April und 4. Juni (Tour de France, Oberdollendorf), um 20 Uhr. Karten inklusive Menü unter 02 28 32 10 01 (Cäcilienhöhe, 39 Euro) und 0 22 23 2 40 58 (Tour de France, 43 Euro).

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